Partieller ballistischer Wurf - Rekonstruktion


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    Moin,

    angenommen, es seien zwei Zeitpunkte t1 und t2 bekannt. Weiterhin sei jeweils zu t1 und t2 die Position, Richtung und Geschwindigkeit des Wurfs/Projektils bekannt. Lässt sich dann zurückrechnen, von wo wann wie geworfen wurde? Oder bräuchte man dafür drei Messpunkte oder zusätzliche Annahmen?

    Muss man dabei eigentlich zwischen Ball und beispielsweise Rakete unterscheiden?


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    Wurf: Ja, einfach, sofern man die naheliegende Annahme machen darf, dass der Werfer zum Zeitpunkt 0 geworfen hat. So etwas wie Wind und Luftwiderstand vernachlässigen wir natürlich auch 😉
    Ich glaube, das Gleichungssystem ist sogar überbestimmt und es würde zwei Positionen und eine (vektorielle) Geschwindigkeit reiche, aber ich habe es jetzt nicht komplett durchgerechnet.

    Rakete: Das ginge auf jeden Fall ganz anders zu rechnen, und man muss natürlich wieder die Annahme machen, dass es zum Zeitpunkt 0 los ging, und offensichtlich auch, dass die Rakete keinerlei Kurskorrekturen vorgenommen hat (also immer mit gleichem Schub in die gleiche Richtung), denn mit Manövern könnte die Rakete ja einen beliebigen Kurs genommen haben. Das Gleichungssystem sollte vom Gefühl her wieder total überbestimmt sein. Vielleicht nicht mehr, wenn man auch zulässt, dass zum Zeitpunkt 0 die Geschwindigkeit nicht 0 sein braucht. Der Unterschied zur Wurfparabel ist halt, dass ich nicht aus dem Stehgreif weiß, welche mathematische Form der Kurs einer Rakete unter konstantem Schub hat, aber das kannst du sicher rausfinden oder selber aus der Raketengleichung integrieren. Wenn ich weiter darüber nachdenke, ist es vielleicht doch nicht überbestimmt, weil die Rakete auch noch andere relevante Kenngrößen hat, wie ihren spezifischen Impuls, die auch in den Kursverlauf einfließen, und aus den dir bekannten Messpunkten bestimmt werden müssen.

    Das mit der Rakete bringt mich darauf (was prinzipiell auch für den Ball gilt, wenn man nur fest genug wirft), dass eine weitere, bisher nicht erwähnte, Annahme ist, dass die Schwerkraft innerhalb der relevanten Zeitskala konstant und homogen ist. Das ist bei echten Raketenbahnen natürlich eher nicht der Fall, außer während der frühen Startphase. Da kann man jetzt je nach Kontext natürlich beliebige andere Annahmen reinstecken, naheliegenderweise beispielsweise eine kugelsymmetrische Schwerkraft mit 1/r^2 Abfall. Das macht die Gleichungssysteme natürlich beliebig kompliziert. Kugelsymmetrisch sollte immer noch eine analytische Lösung haben, aber vielleicht ist das Gleichungssystem dann nicht mehr überbestimmt.

    In welchem Kontext bewegen wir uns hier denn? Oberstufe? Grundstudium? Oder gar etwas nach dem Vordiplom/Bachelor? Je nachdem würde ich andere Ansprüche an die gemachten Annahmen haben. Wenn es gar kurz vorm Diplom/Master wäre, hätte ich sogar noch wesentlich höhere Ansprüche, die ich gar nicht erwähnt habe, aber du müsstest auch sicher nicht fragen 🙂


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    @SeppJ sagte in Partieller ballistischer Wurf - Rekonstruktion:

    In welchem Kontext bewegen wir uns hier denn?

    Vermutlich werde ich wieder gesperrt, und ich will auch gar nicht politisch werden, aber es gibt doch zurzeit einen akuten Nahostkonflikt, dabei habe ich mich gefragt, ob die Israelis genau wissen, aus welchen Gebäude eine Rakete aus Gaza kam, um so diese "Stellung(en)" zielgenau neutralisieren zu können, wenn es nicht schon eine genaue Luftaufklärung dieser Gebiete gibt, und so zum Beispiel Krankenhäuser nicht bombardiert werden müssten.

    Natürlich bin ich kein Waffenexperte. Aber Israel soll ja die beste Boden-Luft-Abwehr der Welt besitzen, und ich frage mich, wie die funktioniert. Natürlich weiß ich auch nicht, ob da gelenkte/ungelenkte oder zielsuchende Raketen (seitens Gaza) eingesetzt werden oder nicht.

    Ich kenne auch die genaue Definition des Begriffs der "Verteidigung" nicht, aber Fakt ist, dass sich auch die Anzahl der (zivilen) Opfer nicht immer weiter wechselseitig hochschaukeln sollte. Jm2c.


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    Das ist keine Frage der Mathematik, sondern der Technik. Da brauchst du auch nicht so komische Annahmen wie "zwei Punkte zu den Zeitpunkten t1 und t2". Wenn du irgendwelche technischen Maßnahmen hast, die dir etwas über die Geschosslaufbahnen sagen, dann ist es leicht, das zurück zu extrapolieren, und das auch ohne dass man einen talentierten Studenten Differentialgleichungen integrieren lässt.

    Da kommt's in der echten Anwendung eher drauf an, dass es halt mehr oder wenig technisch anspruchsvoll sein kann, dass man überhaupt präzise Messdaten hat. Als ich vor langer, langer Zeit einen Freund bei der Bundeswehr in der Artillerie hatte, hat der noch gelernt, wie man mit einem Netzwerk von Mikrofonen aus dem Lärm der feindlichen Artillerie deren Position triangulieren kann. Wenn man heute in der Ukraine guckt, ist es aber wohl mittlerweile Standard, dass Radar die Geschosse direkt im Flug verfolgen kann, was ein zurückrechnen der Bahn natürlich ungleich einfacher macht. Vor allem, wenn man gleichzeitig noch Drohnen losschicken kann, die direkte Videoaufnahmen vom verdächtigen Gebiet machen können.

    Israel wird jede Menge Kameras und Radars in die verdächtige Richtung zeigen haben. Kameras (und im Prinzip ist ein Radar ja auch so eine Art Kamera mit starkem Scheinwerfer) sind eine sehr präzise technische Maßnahme, um die Herkunft von Raketen zu erfassen. Da braucht es nicht wirklich Mathematik, wenn man den Start auf Video hat.

    Technische Maßnahmen zur Raketensteuerung im Militär sind (oder waren zu meiner Zeit) auch oft enttäuschend einfach. Man erwartet da irgendwelche tolle Computertechnik mit tollen Algorithmen, aber tatsächlich ist das dann einfache, robuste Steuertechnik (was nicht heißt, dass das nicht tolle, herausfordernde Ingenieursleistung wäre) in der Art von "wenn Sensor links mehr heiß als rechts, dann steuer nach links". Das funktioniert trotzdem gut, weil Maschinen ungeheuer schnell und präzise solche Dinge steuern können. Oder manchmal sitzt tatsächlich ein menschlicher Pilot dahinter. Nicht it irgendwelchen toll verschlüsselten und gehärteten Funkkanälen, um der Rakete komplexe Anweisungen zu geben, sondern buchstäblich indem ein Draht hinter der Rakete hergezogen wird über den man links/rechts hoch/runter geben kann.
    So viel anders wird das heute auch nicht sein. Die Idee ist super robust und führt zum gewünschten Ergebnis. Sensoren und Steuerelemente sind halt besser und noch schneller geworden. Man sagt, dass der israelische Iron-Dome nur schießen würde, wenn er vorhersagt, dass die feindliche Rakete auch etwas treffen würde. Das ist sicher eine komplexe Computerentscheidung. Aber die eigentlichen Abfangraketen werden auch heute nicht viel mehr machen, als auf das heißeste plausible Ziel zuzuhalten.



  • @SeppJ sagte in Partieller ballistischer Wurf - Rekonstruktion:

    Vor allem, wenn man gleichzeitig noch Drohnen losschicken kann, die direkte Videoaufnahmen vom verdächtigen Gebiet machen können.

    In den UAVs steckt ordentlich Technik. Angefangen von einem GPS Empfänger, hochauflösenden Kameras, Lidar, AI zur Objekterkennung,...

    Ich würde heute folgendes nicht ausschließen. Über Gebiet XYZ fliegen ständig Drohnen. Die Objekterkennung der Drohne XYZ schlägt an und erkennt eine Rakete. Durch die Verbindung von Kameradaten und GPS (z.B. visuelle Odometrie), sind die GPS-Koordinaten des Ursprung bekannt. Diese werden an das HQ gesendet, worauf direkt ein Marschflugkörper an die entsprechende GPS Koordinate geschickt wird. Diese fliegt danach selbstständig an die GPS Koordinate und löst aus...

    @meuterei

    Falls du mal einen allgemeinen Überblick über Drohnen bzw. deren Sensorik möchtest, schau dir mal die folgenden Links an. Es dreht sich hierbei um die Firma Advanced Navigation, welche Drohnensensorik herstellen und ich über Werbung her kenne.

    https://www.advancednavigation.com/case-studies/dynetics-selects-advanced-navigation-for-gremlins-x-61-uav/
    https://www.advancednavigation.com/case-studies/nortek-uses-gnss-compass-for-accurate-heading-to-assist-adcp-surveying-solution/
    https://www.advancednavigation.com/case-studies/underwater-drone-hydrus-completes-successful-simulation-to-identify-hazards-in-tropical-waters


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    @SeppJ sagte in Partieller ballistischer Wurf - Rekonstruktion:

    mit 1/r^2 Abfall

    Ich nehme an, das sagt aus, je weiter der Abstand zur Erde, desto geringer die Schwerkraft?

    @SeppJ sagte in Partieller ballistischer Wurf - Rekonstruktion:

    Position triangulieren

    Das macht unser Gehirn ja auch sehr gut die ganze Zeit (... ganz ohne Computer) und ist sogar evolutorisch bedingt ... denn hinter jedem nächsten Gebüsch könnte ein Tiger oder Wildschwein lauern.

    @Quiche-Lorraine sagte in Partieller ballistischer Wurf - Rekonstruktion:

    sind die GPS-Koordinaten des Ursprung bekannt

    Dann erübrigt sich meine Frage eigentlich schon.



  • Die Raketen die da zum Einsatz kommen sind wohl strunzdumme ungelenkte Raketen: https://de.wikipedia.org/wiki/Qassam-Rakete
    Die Flugbahn dieser zu berechnen ist vermutlich nicht schwer. Allerdings wird das wohl kaum super genau sein. Für die automatisierte Berechnung des Einschlagspunktes reichts - denn da muss das System ja nur entscheiden ob der Einschlagspunkt in bzw. in der Nähe von bewohntem Gebiet ist. Da rechnet man einfach so viel Spielraum mit ein dass man nichts weiterfliegen lässt was gefährlich werden könnte. (Iron Dome lässt ja Raketen die in unbewohntem Gebiet einschlagen werden einfach weiterfliegen.)

    Ich glaube aber nicht dass man da so genau zurückrechnen kann, dass man sagen kann dass es jetzt aus genau dem einem Haus kommt - und nicht etwa dem Haus nebenan.

    Wobei das mMn. mathematisch bzw. auch vom physikalischen Modell des Flugverhaltens auch alles kein Problem sein sollte. Die Probleme sehe ich eher bei:

    • Messgenauigkeit
    • Toleranzen bei der Fertigung die vermutlich zu leicht abweichender Flugbahn führen können
    • Wetter (Wind, ...)

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    Danke.

    @hustbaer sagte in Partieller ballistischer Wurf - Rekonstruktion:

    Wetter (Wind, ...)

    Allgemein gesagt: die Witterung ... vielleicht Luftdruck und -Feuchtigkeit auch noch ...

    Aber das sind doch alles unbekannte Einflussfaktoren, die eine haargenaue Lokalisierung schwer bis unmöglich machen.



  • @meuterei
    Ich hab ja schon geschrieben:

    Ich glaube aber nicht dass man da so genau zurückrechnen kann, dass man sagen kann dass es jetzt aus genau dem einem Haus kommt - und nicht etwa dem Haus nebenan.


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  • Und was hat das mit Ballistik zu tun?


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    My fault ... nix. Das Thema hatte sich weiterentwickelt, imho.



  • @meuterei sagte in Partieller ballistischer Wurf - Rekonstruktion:

    My fault ... nix. Das Thema hatte sich weiterentwickelt, imho.

    Ähh ... neee.



  • Dieser Beitrag wurde gelöscht!

  • Gesperrt

    @Belli sagte in Partieller ballistischer Wurf - Rekonstruktion:

    @meuterei sagte in Partieller ballistischer Wurf - Rekonstruktion:

    My fault ... nix. Das Thema hatte sich weiterentwickelt, imho.

    Ähh ... neee.

    Habs gelöscht. Besser?


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