Chefentwickler



  • Mein Chefentwickler ist sehr erfahren (Dipl.-Inf. FH). Er war jahrelang als Entwickler in vielen Bereichen tätig und vielfach unterwegs, auch in Japan (Compilerbau). Es gab (gibt) Projekte wo unser kl. Unternehmen wegen ihm Ausschreibungen gegen SAP (2-mal), IBM (1-mal) und kleinere Agenturen gewannen. Daher hatte (habe?) ich als recht unerfahrener Entwickler einen gewissen beruflichen Respekt vor ihm.

    Lese ich Bücher, ich lese viel und gerne, findet man immer wieder den Hinweis auf sinnvollen Code, leserlichen Welchen usw. Allseits bekannt. Ich persönlich lege viel Wert auf sauberen Code und lasse mich von besseren Strukturen auch gerne belehren.

    Nun stehe ich vor der Aufgabe ein Modul zu erweitern, und bin abermals entnervt. Der Quellcode ist sehr wirr. Es ist kein Code der irgendwie gekapselt ist. Mein Chef meint auch, dass Funktionen und Prozeduren NUR genutzt werden sollen, wenn dadurch irgendwelche Werte zurückgegeben werden sollen oder bestimmte Aktionen gestartet werden. Nicht zur Strukurierung! Von Klassen wollen wir erst gar nicht sprechen.

    In diesem Falle ist es eine Dateifunktion welche eine CSV-Datei ausliest und entsprechend den SQL-Server mit Werten füllt. Alles kein Problem, aber diese Funktion (und ihre Abarten) haben wir an mind. 100 Stellen im Gesamtcode, stets nicht als Funktion, sondern Plain-Code. Und so langsam bekomme ich die Krise und den leisen Verdacht, dass er nicht so erfahren sein kann. So unstrukturiert kann doch keine arbeiten der an andere denkt, oder?

    Natürlich habe ich mich informiert wie seine Projekte und Aufgaben in der Vergangenheit aussahen. Meist war er allein. Keine Teams.

    In der Vergangenheit habe ich hier schon mal einen Klopfer gesetzt, als eben der Herr meinte, er gäbe keine Zeiger in PASCAL. Bis dato kannte ich auch keine Zeiger in PASCAL. Als ich ihm von dem Irrtum erzählte bestritt er alles, obwohl ich es sogar schriftl. als Gesprächsnotiz habe. So etwas gab es auch im Bezug auf C++ (wie entwickeln nicht mit C++), bis ich merkte, dass er eigentlich von C spricht. Besser noch: Als ich anfing Arrays intensiv zu nutzen und mir Kommentare einhandelte wie 'habe noch nie Arrays gebraucht' und er aber von 'nutze Records' spricht, war mein Vertrauen in seine Befähigung etwas dahin.

    Ich will ihn nicht unnötig beschuldigen oder was unterstellen. Immerhin ist er ein netter Mensch, aber im Bezug auf die Arbeit bekommt er von einigen Seiten Kritik. Von mir weniger, aber so langsam dämmert es mir auch.

    Kennt ihr so etwas auch? Habt ihr in eurer berufl. Laufbahn ähnliches erlebt? Wie habt ihr gehandelt? 😞



  • rafa schrieb:

    Kennt ihr so etwas auch? Habt ihr in eurer berufl. Laufbahn ähnliches erlebt? Wie habt ihr gehandelt? 😞

    Gemobbt, bis er versetzt wurde, dann seinen Platz eingenommen.



  • Warum hast du dann überhaupt einen beruflichen Respekt vor ihm?



  • Das ist doch eine normale Reaktion! Am Anfang bewundert man erfahrene Entwickler, die haben das schon Jahre lang gemacht, Projekte abgeschlossen, kennen Kunden und werden vom Chef um Rat gefragt. Man stellt daher Aussagen nicht in Frage.

    Erst wenn man sich selbst sicherer wird fängt man langsam an die Sachen zu hinterfragen und wird ggfs skeptisch. Mein Chef konnte (bzw. kann) kein Multithreading. Jede größere Applikation von ihm kämpfte ab einem gewissen Zeitpunkt mit Deadlock-Problemen - dauert lange bis man sowas versteht und bemerkt, und am Anfang glaubt man sowas nicht. Irgendwann versteht man aber: hey, der kann das wirklich nicht, das ist ihm zu komplex, daher macht er da ständig Fehler in Bezug auf Semaphoren-Freigaben.



  • @Marc++us: 😃 Ein Lachen konnte ich mir nicht verkneifen. 😉 In unserer Struktur ist so etwas schwer, da er einer der Gesellschaftler ist (!). Außerdem halte ich nichts von 'mobben'. Da ich allerdings in 1-2 J. studieren will, werde ich die Firma ohnehin verlassen. Wie groß ist euer Unternehmen?

    @lol: Wegen seiner Erfahrung. Zu Anfang hat er mir vieles beigebracht. Keine Frage, und das ist wohl der Grund.



  • rafa schrieb:

    Außerdem halte ich nichts von 'mobben'.

    Naja, ich habe ja nichts Negatives über ihn gesagt und keine vorsätzlichen Lügen erzählt. Aber immer häufiger auflaufen lassen, wenn er Behauptungen über Möglichkeiten und Unmöglichkeiten (nach Außen) aufstellte diese durch funktionierende Sachen wiederlegt, bis ihm niemand mehr glaubte.

    Jedermanns Sache ist das nicht, klar. Aber Du mußt Dir immer über zwei Dinge im Klaren sein: wenn es in einer Firma nicht läuft, so kannst Du versuchen die Firma anzupassen (schwierig, setzt wie hier schwache Chefs voraus) oder die Firma verlassen. Von alleine ändert sich nie was, und setze auch nicht auf die Vernunft von Anderen.

    rafa schrieb:

    Da ich allerdings in 1-2 J. studieren will, werde ich die Firma ohnehin verlassen. Wie groß ist euer Unternehmen?

    WAR in diesem Fall, war 5 Jahre dort, bin aber seit 3 Wochen woanders. Ca. 300 Leute insgesamt, allerdings Software nur etwa ca. 10 Leute.



  • Es ist wahr, dass von selbst nichts passiert. Das steht natürlich außer Frage.

    Ich habe mich nur gefragt, wie es wohl anderen geht (gegangen ist). So eine Situation ist natürlich sehr ärgerlich, da ich aber das Unternehmen wegen Studium ohnehin verlassen wollte, macht es nichts. - Nur jetzt stört es! Der Code ist so umständlich!

    Zehn Entwickler? Gut, bei uns sind es etwas weniger.

    Danke ;).



  • rafa schrieb:

    Es ist wahr, dass von selbst nichts passiert. Das steht natürlich außer Frage.

    Trotzdem muß man es dazu sagen! Ganz explizit.

    Viele bleiben ewig in Firmen und sagen immer wieder "irgendwann müssen die das doch lernen" "wieso läuft das schon wieder schief" usw., hoffen auf den Lerneffekt, der dann doch nie kommt.



  • Vermutlich auch wahr.

    Aber wie viele 'Untergebene' mag es wohl geben, die meinen sie wüßten es besser als ihr Chef und meckern herum? Ähnlich wie damals in der Schule, wo manche Schüler stets meinten, da vorne stehen nur Idioten und erzählen Müll. (Gut, manche Lehrer haben wirklich (zum Teil) Müll erzählt.) Und wie mag sich dann der Chefentwickler fühlen, verhalten, wenn er das Gefühl hat, als wenn seine Mitarbeiter alles in Frage stellen? (Finde ich recht schwierig.)

    Darf ich fragen wie alt Du bist? (Immerhin schon mind. 5 J. Berufspraxis, nicht?)



  • Hm, der Chefentwickler wird schon was älter sein vermute ich mal ? Da ist er halt an nen anderen Stil gewöhnt, das ist schwer sowas wegzubekommen, wenn man jahrelang erfolgreich gearbeitet hat und dann auf einmal alles über den Haufen werfen soll. Da sträubt man sich gegen und ich vermute mal, genauso ist es bei deinem Chef. Die alten wollen halt häufig alles Old Style erledigen, wiel sie sich damit auskennen und kümmern sich oft nicht um neue Entwicklungen. Vermutlich hat er ganz früher Basic programmiert 😃
    Das er meint in Pascal gäbe es keine Zeiger ist aber echt schon Hammer 😃



  • Wenn er so alt ist, dass die strukturierte Programmierung schon nach seiner Zeit war, wirds langsam Zeit für die Rente 😉 Dijkstras "GO TO Statement Considered Harmful" ist jedenfalls aus den 60ern.



  • @Philip: Das ahne ich auch, und sogar noch mehr. Vermutlich macht ihn sein Erfolg und Erfahrung nicht unbedingt aufnahmefähig für neues. Es gab schon Fälle in denen ich ihm beweisen konnte, dass er sich irrt. Was natürlich nicht zu seiner Freude geschah.

    @Bashar: 😉

    Er müßte um die 40 sein. So alt also nicht. Nach dem ich nun durch seinen Code durchgestiegen bin geht es, aber es ist ein immer wieder auftretendes Phänomen, wenn meine Kollegen oder ich zunächst nichts verstehen. Die Einarbeitung in den Code braucht immer ungewöhnlich lange. (Abgesehen vom Ärger.) - Etwaige Diskussionen innerhalb des Unternehmens waren bisher relativ sinnlos, außer, dass es für mich natürlich eine nette Erfahrung fürs Leben ist. Und wie es scheint, haben (hatten) auch schon andere das Problem.

    Wie gesagt, er ist an sich ein netter Zeitgenosse, daher will ich nicht direkt über ihn, sondern vielmehr über das allgemeine Problem sprechen. Dank' an alle. 😉



  • rafa schrieb:

    [...]Kennt ihr so etwas auch? Habt ihr in eurer berufl. Laufbahn ähnliches erlebt? Wie habt ihr gehandelt? 😞

    Ich habe Sie alle neben mir sitzen gehabt:
    Studenten, Fachinformatiker, Azubis, Dipl-Inf., Dipl-X, Quereinsteiger, Prof. f. Softwaretechnik, Softwareinstitutsleiter, Projektleiter, Seoior Developer, Consultants, Engineer ...

    Mein Fazit:

    1. Image ist Alles! - Du kannst ein noch so genialer Coder sein, dass interessiert erstmal Niemanden.
      Die Aufträge bekommen jene, die die besten Referenzen, Connections oder Reputationen haben (und last not least das beste Eigenmarketing :D).

    2. Es ist kinderleicht in der Softwareentwicklung in rudimentären Regionen abzutauchen, wo ein vermeidlicher 'Guru' Dir nicht mehr folgen kann und sich dann auf den Schultern zu klopfen - 'Dem habe ich es aber gezeigt. Der kann ja gar nix!'

    3. In der Softwareentwicklung herrscht ein enormer Aktualitätsdruck.
      Wenn man Ihn nicht genügt, ist man schnell raus dem Geschäft.
      Um dann nicht aufzufallen, erzählen Dir die Leute 'Ein von Pferd' und pochen auf Ihre 'Reputationem', um Ihre Dokrien zu unterstreichen.
      - Ganz krass ist das bei Hochschuldozenten f. Softwaretechnik. (Glaubt mir! 🙄).

    4. Viele überleben nur durch Mischkompenzen, die sie nicht zwingen in einen Bereich gut oder sehr gut zu sein. Wird man bei einer Schwachstelle erwischt, schwänkt schnell in das andere Fachgebiet über, blubbert ein paar Buzzwords, das Gegenüber kommt sich imkompetent vor und leitet sofort den Waffenstillstand ein... 😃

    5. Jede Form ultimativer Profession hat zur Folge, dass die Leute 'Ein an die Klitsche bekommen'!

    6. Der PC hat immer Recht, auch wenn gewisse Leute versuchen Resultate metaphysisch weg-zu-diskutieren.

    7. Im Geschäftsleben kannst Du nur erfolgreich sein, wenn Du auch mal gewillt bist quick-and-dirty ein Vorschlaghammer zu nehmen...

    Reicht erst mal ... 🕶



  • Prof84 schrieb:

    ...

    1. In der Softwareentwicklung herrscht ein enormer Aktualitätsdruck.
      Wenn man Ihn nicht genügt, ist man schnell raus dem Geschäft.
      Um dann nicht aufzufallen, erzählen Dir die Leute 'Ein von Pferd' und pochen auf Ihre 'Reputationem', um Ihre Dokrien zu unterstreichen.
      - Ganz krass ist das bei Hochschuldozenten f. Softwaretechnik. (Glaubt mir! 🙄).

    hmm, nicht alle. Ich denke solche die häufig aufträge von BMW ect. bekommen erzählen kein Pferd von...
    Der Prof. Broy meckert andauernt nur über TollCollect *ggg*.

    Findest du diese Ihnaltsangabe für Softwaretechnik ok/akutuell??:
    http://www4.in.tum.de/lehre/vorlesungen/sw_engineering/ws0304/



  • xroads42 schrieb:

    hmm, nicht alle. Ich denke solche die häufig aufträge von BMW ect. bekommen erzählen kein Pferd von...
    Der Prof. Broy meckert andauernt nur über TollCollect *ggg*.

    Findest du diese Ihnaltsangabe für Softwaretechnik ok/akutuell??:
    http://www4.in.tum.de/lehre/vorlesungen/sw_engineering/ws0304/

    Ich finde das gehört sich nicht.
    Bitte Diskretion wahren!
    Deshalb kein Kommentar!



  • xroads42 schrieb:

    Findest du diese Ihnaltsangabe für Softwaretechnik ok/akutuell??:

    Aktuell ist sie auf jeden Fall, ganz typischer Stoff gemäß Lehrbuch "Software Engineering in 21 Tagen".



  • Kurzfristig entscheidend ist immer der Erfolg, nicht die Perfektion. Teamarbeit kann sinnvoll sein, muss aber nicht. 😉



  • meienr meinung sind zeiger für das grundverständnis einer höheren programmiersprache elementar unabdingbar genau meine meinung dein chaf ist ein arsch


Anmelden zum Antworten