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Leprechaun schrieb:
Elektronix schrieb:
Es gibt keine Gesellschaft ohne Regeln, und dementsprechend muß es eine Instanz geben, die die Einhaltung dieser Regeln überwacht und entsprechende Saktionen durchführt.
In einer Anarchie gibt es sehr wohl Regeln. Allerdings werden diese Regeln von Allen selbstverständlich angenommen und befolgt. Es wird also keine Instanz benötigt, die diese Regeln gewaltsam durchsetzen muß.
So gesehen magst Du Recht haben. Allerdings wußten die Anarchisten über diese Besonderheit selbst nicht bescheid. Denn wie kann man ein gewaltloses System mit Gewalt errichten wollen?
Übrigens beschreibt diese Anarchie genau das, was Christen und Juden als "das Paradies auf Erden" bezeichnen- den Zustand der Menschheit nach Rückkehr des Messias. Leider ist unsere Gesellschaft dafür noch nicht reif.
Der Reifegrad einer Gesellschaft mißt sich u. a. an der Zahl ihrer Gesetze.
Elektronix schrieb:
Die Punks behaupteten, viele Straftaten würden von der Polizei provoziert...
Bei den Chaostagen war es teilweise so. Die Polizeiführung wollte eine schnelle Entscheidung und hat angreifen lassen, obwohl es oft unnötig war.
Kann man wohl auch verstehen (auch, wenn man es nicht gut heißen muß)- nachdem die Punks immer wieder zu bestimmten Tagen ankündigten, eine "Schneise der Gewalt" durch Hamburg oder andere Städte zu schlagen und dabei Verstärkung aus dem ganzen Bundesgebiet heran holten. Die Maifeiern in Berlin-Keuzberg sind ja inzwischen berüchtigt. Irgendwann reagiert man eben überempfindlich. Schließlich wurde das Ganze auf dem Rücken der Polizisten ausgetragen, die ihre Nächte, Wochenenden und Mai-Feiertage auch gerne anders verbringen würden.
Ich meinte das aber nicht nur auf die Chaostage bezogen, sondern allgemein. Nach dem, was unser Klassenpunk damals erzählte, würden viele Starftaten nur deshalb begangen, weil sie eben verboten waren, als Demonstration ihrer Verachtung gegen die Gesellschaft.
Elektronix schrieb:
Die Punkszene hatte in der Hamburger Hafenstraße einen Freiraum geschaffen, in der man als Normalbürger nicht mehr sicher sein konnte. Dort waren Überfälle, Autoaufbrüche und tätliche Angriffe an der Tagesordnung.
Wo hast du denn den Unsinn her? Natürlich konnte man sich als Normalbürger dort ungestört bewegen, wenn man nicht gleich jeden Bettelversuch einem Raubüberfall gleichsetzte. Allein die zahllosen Straßenfeste mit Live-Musik, Theatervorstellungen, et cetera, zu der auch viele Normalbürger kamen, strafen deine Aussage Lügen.
Mag sein, andererseits war die Kirminalitätsrate (Straßenkriminalität) rund um die Hafenstraße die höchste in ganz Hamburg und Umland, abgesehen vielleicht von der Reeperbahn- soweit ich mich an die damaligen Statistiken erinnere. Selbst Polizisten, die nur Falschparker aufschreiben oder einen Unfall oder einen der vielen Auto-Aufbrüche protokollieren wollten, mußten dort mit Schutzhelm und Panzerweste patrullieren (Gewicht der Gesamtausrüstung damals ca. 18 kg für einen Strafzettel), weil sie immer damit rechnen mußten, mit Steinen bombardiert zu werden. Im Bezirk Hamburger Hafen hätte ich nicht Polizist sein wollen.
[Edit]
Hab einen Artikel über die Hafenstraße bei Wikipedia gefunden. Daraus nur ein kurzer Auszug:
Wikipedia schrieb:
Gegenseitige Provokationen von Bewohnern, Behörden und der Polizei führen bis heute, wenn auch seltener geworden, immer wieder zu Ausschreitungen und Polizeieinsätzen. Da die Verfolgung von Straftaten meist nur unter massivem Polizeieinsatz möglich war, wurde von Kritikern der Begriff des „rechtsfreien Raumes“ geprägt. In der Folge solcher Ereignisse wurden von Stadt, Behörden und Polizei Planspiele entworfen, um eine Räumung herbeizuführen. Das Interesse der Bewohner bestand darin, den Abriss der Häuser zu verhindern, billigen Wohnraum zu erhalten und in diesem ein selbstbestimmtes Leben ohne Entfremdung zu führen. Innerhalb des Konfliktes wurde immer wieder versucht, den Zusammenhang zu anderen sozialen Konflikten herzustellen, was sowohl die Stärke der Hafenstraße ausgemacht hat, als auch Grund für die staatliche Repression war.
Vermutlich- wie so oft- müssen sich beide Seiten an die eigene Nase fassen.