interessante Retro-Bücher



  • Ich stelle mir gerade Erhard mit dem Enkel auf dem Schoss vor <schau mal, damals als die Gummistiefel noch aus Holz waren... Opa war der erste mit dem Rechner in der Klasse und der geht immer noch... >

    Erstens habe ich noch keine Enkel, zweitens waren Gummistiefel in meiner Kindheit schon aus Gummi und drittens habe ich mir den HP35 für das Studium gekauft (1973).



  • volkard schrieb:

    Ich stelle mir gerade vor, einer jungen Person einen Abakus oder Rechenschieber zu zeigen und zu erwarten, daß es sie interessiert. Das ist bestimmt unwahrscheinlicher, als im Lotto zu gewinnen.

    Gerade Rechenschieber sind ideal dazu geeignet, Tertianern die Logarithmengesetze zu veranschaulichen. Auch finde ich, man muß im Lehrbetrieb nicht jede technische Errungenschaft etablieren. Es hat schon seinen Sinn, daß im Mathematikunterricht meist kein CAS eingesetzt wird.



  • audacia schrieb:

    volkard schrieb:

    Ich stelle mir gerade vor, einer jungen Person einen Abakus oder Rechenschieber zu zeigen und zu erwarten, daß es sie interessiert. Das ist bestimmt unwahrscheinlicher, als im Lotto zu gewinnen.

    Gerade Rechenschieber sind ideal dazu geeignet, Tertianern die Logarithmengesetze zu veranschaulichen. Auch finde ich, man muß im Lehrbetrieb nicht jede technische Errungenschaft etablieren. Es hat schon seinen Sinn, daß im Mathematikunterricht meist kein CAS eingesetzt wird.

    Ja, und zwar den, daß schwache Lehrer nicht überfordert werden und endlos viel Zeit mit stupidem Rechnen verplämpert wird, wo man doch so schön Mathematik betreiben könnte.



  • wo man doch so schön Mathematik betreiben könnte

    OMG, womit würdest Du die armen Schüler quälen?



  • Erhard Henkes schrieb:

    wo man doch so schön Mathematik betreiben könnte

    OMG, womit würdest Du die armen Schüler quälen?

    Vor allem mehr Textaufgaben.



  • Da gebe ich Dir Recht! Das "schult" wirklich fürs Leben. 🙂



  • Gregor schrieb:

    ...aber in den letzten 100 Jahren gab es durchaus eine Mathematikreform: Bourbaki.

    Der bekannteste Versuch war, meines Erachtens, dieser: http://en.wikipedia.org/wiki/Hilbert's_program



  • ..



  • Erhard Henkes schrieb:

    In Frankreich beherrscht Bourbakische Axiomatik häufig noch den gesamten Hochschulunterricht in Mathematik als Haupt- oder Nebenfach; ausländische Beobachter wie Wladimir Arnold halten diesen dogmatischen Formalismus für ein Verbrechen an den Studenten.

    Es mag ne Menge Kritik an Bourbaki geben, aber letztendlich wurde die Mathematik dadurch ein ganzes Stück weiter formalisiert. Das war absolut notwendig. ...Du bist doch Chemiker und ich weiß nicht genau, wie das in der Chemie ist, aber die Physik hätte einen Bourbaki teilweise auch mal dringend nötig.

    Die entscheidenden Zitate aus dem Wikipedia-Artikel sind übrigens eher:

    Der streng logische Stil Bourbakis hat die heutige Mathematik entscheidend mitgeprägt.

    Konkret verdanken wir Bourbaki das Zeichen ø für die leere Menge, das Zeichen \Rightarrow für die Implikation, die Abkürzungen N, Z, Q, R, C für die Mengen der natürlichen, ganzen, rationalen, reellen und komplexen Zahlen (nebst der Schreibweise mit dem doppelten Strich ℕ) sowie die Wörter bijektiv, injektiv und surjektiv.



  • Erhard Henkes schrieb:

    In Frankreich beherrscht Bourbakische Axiomatik häufig noch den gesamten Hochschulunterricht in Mathematik als Haupt- oder Nebenfach; ausländische Beobachter wie Wladimir Arnold halten diesen dogmatischen Formalismus für ein Verbrechen an den Studenten.

    Sowas ist nichts Ungewöhnliches. Allein der Streit um die Erfindung der Differentialrechnug, zwischen Leibniz und Newton, hat die Mathematik der Briten in eine tiefe Krise gestürtzt: http://en.wikipedia.org/wiki/Leibniz_and_Newton_calculus_controversy

    Erhard Henkes schrieb:

    Bezogen auf die gesamten Principia Mathematica und auf die ganze Mathematik schlug Hilberts Programm allerdings fehl: Kurt Gödel bewies nämlich 1931 in seinen Unvollständigkeitssätzen, dass es in den Principia Mathematica und verwandten Systemen, zu denen auch Cantors Mengenlehre gehört, immer Sätze gibt, die mit den Mitteln desselben Systems weder beweisbar noch widerlegbar sind (Alan Turing kam beim eng verwandten Halteproblem von Automaten auf ein ähnliches Ergebnis), und dass solche Systeme ihre eigene Widerspruchsfreiheit nicht beweisen können.

    Trotzdem war das Hilbertprogramm ein Gewinn für die gesamte Mathematik. Und außerdem bezieht sich Gödels Unvollständigkeitssatz nur auf mathematische Theorien, die die natürlichen Zahlen enthalten. Die Aussagenlogik, zum Beispiel, ist vollständig und widerspruchsfrei.



  • die Physik hätte einen Bourbaki teilweise auch mal dringend nötig

    Ja, das sehe ich genauso. Bin mal gespannt, wann der LHC endlich startet, sind gerade beim "chill down".



  • Gregor schrieb:

    ...aber die Physik hätte einen Bourbaki teilweise auch mal dringend nötig.

    Warst Du nicht derjenige, der in einem anderen Thread behauptet hat, die Physik stände auf soliden Beinen? Ich finde, daß Versuche, den Status Quo einer offensichtlich sehr unvollkommenen, experimentellen Wissenschaft, wie der Physik, logisch zu festigen, ein großer Fehler wären. Gerade die Physik hat es mehr als nötig, sich weiterzuentwickeln und falsche Theorien leicht über Bord werfen zu können. Jede Form von Fundamentalismus, oder "Bourbakismus", wäre dabei nur hinderlich.



  • In der Mathematik kann man einen Anspruch auf die vereinheitlichte Theorie nicht nur beanspruchen, sondern auch per Definition durchsetzen. Man muß zur Not halt nur ein paar Definitionen herumschubsen. Ist halt eine Scheiß-Arbeit. Mehr als nur ein Lebenswerk, um nur die Grundlagen zu fassen. Aber geht.
    In der Physik ist das ganz anders. Wir haben seit Anbeginn der Physik zwei widerstrebende Gesetze:
    -Das Gesetz der Einfachheit der Physik: Physikalische Sachzusammenhänge lassen sich in einfache Gesetze fassen und je einfacher das Gesetz ist, desto glaubwürdiger ist es.
    -Das Gesetz der immerwährenden Ausnahme: Egal, wie viele tragfähige Gesetze man findet, die "immer" funktionieren, für jedes Gesetz gibt es bei wirklich genauer Beobachtung ein Experiment, das es widerlegt.



  • @Volkard: Das gilt für alles real Existierende, nicht nur für die Physik.



  • Erhard Henkes schrieb:

    @Volkard: Das gilt für alles real Existierende, nicht nur für die Physik.

    Ja, war alter Physikbegriff. Sehr alt.
    Die Physik ist die Wissenschaft des real Existierenden. Sie sucht das real Existierende zu beschreiben, zu bennenen und mathematisch erfaßbar zu machen.
    Chemie, Bauingenierskunst, je nach Geschmack sogar die Mathematik und viel viel wäre demnach Teil der Physik.
    Das andere wäre die Metaphysik.
    Ich hänge dem alten Physikbegriff sehr an.



  • Aber Mathematik ist doch nichts real existierendes ? 🤡



  • TravisG schrieb:

    Aber Mathematik ist doch nichts real existierendes ? 🤡

    Das erinnert mich daran, als ich einen Mathenmatikstudenten bei einer Arbeit unterstütze. Er hatte eine recht minimale rekursive Sprache und schwärmte davon. Ich sagte, daß man einen Interpreter dafür bestimmt gleich in Code gießen könne. Wir waren beide besoffen. Haben aber angefangen damit (ich setze seinen mathe-kram nach c++ um)(er sagt seinen mathe-kram so, daß ein mensch es versteht) und der Ansatz war sogar auf Anhieb gut. Am nächsten Tag haben wir es fertig gemacht. Und gegen 16 Uhr kam der Hammer. Also in seiner Sprache war ja die 1 als () dargestellt und die 2 als (()) und so. Er sagte irgendwann dann, daß die ganzen (((...-Dinge ja unsere (der Menschen) Konstruktonen seien, Modelle der wirklichen Welt, während so Sachen, die echt existieren, wie die natürlichen Zahlen, und da brach ich in Gelächter zusammen. Für ihn existieren die natürlichen Zahlen einfach wie des Nachbars Gartentor. Das kommt davon, wenn man Mathe studiert.



  • total actim...nee,...axiomalisiert.



  • Leprechaun schrieb:

    Gregor schrieb:

    ...aber die Physik hätte einen Bourbaki teilweise auch mal dringend nötig.

    Warst Du nicht derjenige, der in einem anderen Thread behauptet hat, die Physik stände auf soliden Beinen? Ich finde, daß Versuche, den Status Quo einer offensichtlich sehr unvollkommenen, experimentellen Wissenschaft, wie der Physik, logisch zu festigen, ein großer Fehler wären. Gerade die Physik hat es mehr als nötig, sich weiterzuentwickeln und falsche Theorien leicht über Bord werfen zu können. Jede Form von Fundamentalismus, oder "Bourbakismus", wäre dabei nur hinderlich.

    Die Physik steht auch auf sehr soliden Beinen. Ich will hier nicht auf ein neues Fundament für die Physik heraus, sondern auf eine teilweise andere Aufbereitung.

    Wenn Du Dir beispielsweise Physikbücher ansiehst, dann werden da oft irgendwelche Fachbegriffe benutzt, die nirgendwo eingeführt werden. Begriffe, die dem Autor einfach intuitiv klar sind. Wenn man als Leser so einem Begriff auf den Grund gehen möchte, guckt man in 10 andere Bücher und findet immer noch keine Definition. In dem Zusammenhang fände ich zum Beispiel ein formaleres Vorgehen, bei dem vor der Nutzung von Begriffen deren Definitionen gebracht werden, sehr gut.



  • In dem Zusammenhang fände ich zum Beispiel ein formaleres Vorgehen, bei dem vor der Nutzung von Begriffen deren Definitionen gebracht werden, sehr gut.

    Das sollte man Leuten, die wikipedia-Artikel über Mathematik schreiben, beibringen. Endlose Linkketten bei der Suche nach Definitionen.


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