Die augeklärte Welt
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Eisflamme schrieb:
Vollkommene Aufklärung ist eben auch nicht gut. Das menschliche Hirn hat nicht umsonst zwei Hemisphären. Aufklärung wäre Fixierung auf eine. Das beschränkt den Menschen auf eine Maschine. Das ist Aufklärung. Dass man in bestimmten Bereichen mehr Verstand haben sollte, ist davon ja unbeeinträchtigt.
Da kommt der Aberglaube wieder hervor.
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Du hast vollkommen Recht. Alles, was die rechte Hirnhälfte hervorbringt, ist Schwachsinn. Um Rückenproblemen vorzubeugen, sollte man sie nach der Geburt besser entfernen.
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Eisflamme schrieb:
Du hast vollkommen Recht. Alles, was die rechte Hirnhälfte hervorbringt, ist Schwachsinn. Um Rückenproblemen vorzubeugen, sollte man sie nach der Geburt besser entfernen.
Nein, ich meine die Beschränkung auf eine Maschine.
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Ich meinte mit Maschine nicht einen Roboter, der theoretisch in Zukunft bestehen könnte, sondern eine Maschine, die zwar gehen und Arbeiten erledigen kann und eben auch logisch denken, programmieren oder sonst was, aber eben keine Emotionen besitzen.
Und Du hast schon Recht. Sind wir schon so weit, dass es Aberglaube ist, einen Mensch als mehr als solch eine oben beschriebene Arbeitsmaschine zu sehen? Na ja, ich kann mir vorstellen, dass das hier im Forum viele so sehen. Wie gesagt, lasst euch eure rechten Hirnhälften doch rausoperieren, dann habt ihr mehr vom Leben. Keine Ablenkung durch irgendwelche unnützen Gefühle, super. :p
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Könntest du mal versuchen, die Verbindung zum Thema Aufklärung herzustellen? Was du sagst, klingt für mich nach einem ausgemachten Strohmann-Argument, nur dass es so abstrus ist, dass ich gar keinen Anreiz habe, dagegen zu argumentieren.
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Na ja, das Thema hier handelt davon, ob Aufklärung hier überhaupt vorherrscht. Ich denke, das ist partiell umgesetzt, sicher nicht überall da, wo es umgesetzt sein sollte.
Was ich danach sagte, war die Kritik an der Aufklärung für den Fall, dass sie bereits vollständig umgesetzt wäre. Es gibt genügend Autoren der entsprechenden Zeit nach der Aufklärung, die genau das, was ich oben beschrieben habe, als Kritik genommen haben. So hat Sturm und Drang sich dann deutlich mehr auf Gefühle fixiert und Klassik hat dann die Extreme aufgelöst, indem es sich beidem bedient hat. Das ist meiner Meinung nach die richtige Lösung. Nicht nur Nachdenken, sondern auch Intuition zulassen. Da finden sich auch Größen wie Goethe, die genau diese Ansicht teilen. Goethe war auch Sturm und Dränger und dann Klassiker. Aber Du kannst auch gerne alles als abstrus hinstellen und solche Leute für bescheuert erklären, wenn Du denkst, damit näher an "der Wahrheit" zu liegen.
Aber ist sozusagen off-topic, weil es hier ja nicht darum geht. Aber ich spreche halt wie man weiß so gern gegen die Verherrlichung des reinen, isolierten Verstandes und dass die Aufklärung genau dazu geführt hatte, wird halt gerne vergessen. Wenn man schon epochale Begriffe nutzt, dann auch bitteschön mit der historischen Kritik dazu und nicht isoliert.
Wenn ihr die Epoche aber lieber isoliert betrachtet wollt, weil alles danach Unsinn ist, weil es ja wieder nicht direkt vom Verstand abgeleitet ist, sagt Bescheid, dann geh ich wieder. Ich verstehe nur nicht, inwiefern wir heute so viel fortgeschrittener sind als früher, wo man sich auch noch mehr auf Gefühle (und Glauben, aber lassen wir das) eingelassen hat. Klar wissen wir hier und da etwas mehr, aber das ändert doch im Wesentlichen nichts. Breitere Bildung? Ich glaube, Goethe war recht gebildet, aber korrigiert mich. Denkt ihr nicht, die Epochen danach müsste man auch in Betracht ziehen, da könnte auch was Wichtiges dran sein? Ich finde ein "Nein, nur Aufklärung gut, hugh" irgendwie alles andere als fortschrittlich. Mit dem Wissen, dass es danach andere Epochen hab, finde ich sogar die Fixierung auf die Aufklärungs-Epoche dem Gedanken der Aufklärung widersprechend. Empirie verleugnend und so.
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Wenn es eure Eltern nicht getan haben, hier ein Link: Sexuelle Aufklärung
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Aufgeklärt sein bedeutet für mich zunächst einmal, die Dinge um dich herum zu reflektieren und ständig zu hinterfragen. Bei einer Antwort auf die Frage, ob "wir" in einer "aufgeklärten Welt leben", wäre erstmal zu klären, was der Satz überhaupt bedeuten soll. Sind "wir" sämtliche Individuen, oder "nur" die Mehrheit der Menschen als gesellschaftliches Kollektiv, der Zeitgeist, wie auch immer man das nennen mag. Ist "aufgeklärt" eine 24/7 kritische Haltung, oder "nur" eine kritische Grundtendenz? Ist die "Welt" Deutschland, Europa, der Westen, die Zivilisation, der Kapitalismus? Ist "Aufklärung" ein Zustand oder ein Prozess?
Mit deiner Argumentation, TE, machst du es dir genauso einfach wie die, die du für diesen Satz kritisierst.
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Eisflamme schrieb:
Ich meinte mit Maschine nicht einen Roboter, der theoretisch in Zukunft bestehen könnte, sondern eine Maschine, die zwar gehen und Arbeiten erledigen kann und eben auch logisch denken, programmieren oder sonst was, aber eben keine Emotionen besitzen.
Und Du hast schon Recht. Sind wir schon so weit, dass es Aberglaube ist, einen Mensch als mehr als solch eine oben beschriebene Arbeitsmaschine zu sehen? Na ja, ich kann mir vorstellen, dass das hier im Forum viele so sehen. Wie gesagt, lasst euch eure rechten Hirnhälften doch rausoperieren, dann habt ihr mehr vom Leben. Keine Ablenkung durch irgendwelche unnützen Gefühle, super. :p
Emotionen sind mechanisch, und das Denken (und weitergeben der Gedanken durch Sprache) ist das, was uns von Tieren unterscheidet.
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Eisflamme schrieb:
Na ja, das Thema hier handelt davon, ob Aufklärung hier überhaupt vorherrscht.
Ja, aber nicht unbedingt auf die historische Epoche bezogen.
Was ich danach sagte, war die Kritik an der Aufklärung für den Fall, dass sie bereits vollständig umgesetzt wäre.
Und genau das ist, was ich nicht verstehe. Warum bringst du diese Kritik? Als Kritik an der Aufklärung an sich, also so zu verstehen, als dürfe es kein Zuviel an Aufklärung geben? Den Zustand, den du als vollständige Aufklärung bezeichnest, also wo der vollständig rationale Mensch seine Emotionen völlig unterdrückt, halte ich für eine unrealistische Horrorvision, die in der Diskussion eigentlich nichts verloren hat. Es sei denn, du würdest wie gesagt der Meinung sein, dass das Streben nach Aufklärung unweigerlich in diesen Zustand führt und man deshalb die Notbremse ziehen muss.
Aber Du kannst auch gerne alles als abstrus hinstellen und solche Leute für bescheuert erklären, wenn Du denkst, damit näher an "der Wahrheit" zu liegen.
Abstrus nenne ich nur das Postulat, dass die Aufklärung ("sich des eigenen Verstandes zu bedienen") zur Verkümmerung der Emotionen führt, folglich abzulehnen ist.
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earli:
Mechanisch und Emotionen passen für mich nicht zusammen. Such Dir ne Definition aus, die passt, damit das verständlich für Dich ist.Bashar:
Ich weiß nicht, ob ich diese Horrorvision so visionär finde. Ich habe eher das Gefühl, es entwickelt sich dahin. Menschen vertrauen ihren Intuitionen überhaupt nicht mehr und es geht nur noch um den Verstand und Kinder wachsen wie gesagt immer häufiger total isoliert aus. Und da Emotionen öffentlich nicht thematisiert werden, findet auch kein Lernprozess diesbzgl. statt. Man muss Emotionen kontrollieren und korrekt entwickeln aber genau so wie Denken lernen. Und ich glaube, das verkümmert heutzutage. Wenn ich da falsch liege, freut mich das ja umso mehr.
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Eisflamme schrieb:
Ich weiß nicht, ob ich diese Horrorvision so visionär finde. Ich habe eher das Gefühl, es entwickelt sich dahin. Menschen vertrauen ihren Intuitionen überhaupt nicht mehr und es geht nur noch um den Verstand und Kinder wachsen wie gesagt immer häufiger total isoliert aus. Und da Emotionen öffentlich nicht thematisiert werden, findet auch kein Lernprozess diesbzgl. statt. Man muss Emotionen kontrollieren und korrekt entwickeln aber genau so wie Denken lernen. Und ich glaube, das verkümmert heutzutage. Wenn ich da falsch liege, freut mich das ja umso mehr.
Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Einerseits: Man muss lernen seine Gefühle konstrollieren zu können. Andererseits: Schade, dass sich Leute nicht auf ihre Intuition verlassen und ihre Gefühle nicht ausdrücken.
Was denn nun?
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Eisflamme schrieb:
earli:
Mechanisch und Emotionen passen für mich nicht zusammen. Such Dir ne Definition aus, die passt, damit das verständlich für Dich ist.Emotionen sind doch ein biochemisches Durcheinander von Hormonen. Was soll an diesen tierischen Instinkten nicht maschinenhaft sein?
Wenn man schon argumentieren will, dass der Mensch keine Maschine ist, dann doch bitte mit Kunst, Literatur etc. Die Kreativität des erfinderischen menschlichen Geistes ist beeindruckend, aber doch nicht Liebe, Hass oder Angst.
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freakC++ schrieb:
Momentan bin ich schlichtweg der Überzeugung, dass man sich Begründungsansätze, die auf der aufgeklärten Welt basieren, sparen kann.
Dinge wie "wir leben ja schliesslich nicht mehr im Mittelalter" u.ä. sind zwar einerseits nichtssagend, implizieren aber auch oft recht eindeutig eine andere Aussage. Und diese implizierte Aussage muss nicht Müll sein, nur weil jemand eine reisserische nichtssagende Floskel verwendet hat um darauf hinzuweisen.
Vielleicht wäre es auch hilfreich wenn du mal ein Beispiel bringst. Mir fallen nämlich nur lauter Beispiele ein wo es entweder um Religion, Ideologie oder Moral geht.
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SeppJ schrieb:
Eisflamme schrieb:
Ich weiß nicht, ob ich diese Horrorvision so visionär finde. Ich habe eher das Gefühl, es entwickelt sich dahin. Menschen vertrauen ihren Intuitionen überhaupt nicht mehr und es geht nur noch um den Verstand und Kinder wachsen wie gesagt immer häufiger total isoliert aus. Und da Emotionen öffentlich nicht thematisiert werden, findet auch kein Lernprozess diesbzgl. statt. Man muss Emotionen kontrollieren und korrekt entwickeln aber genau so wie Denken lernen. Und ich glaube, das verkümmert heutzutage. Wenn ich da falsch liege, freut mich das ja umso mehr.
Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Einerseits: Man muss lernen seine Gefühle konstrollieren zu können. Andererseits: Schade, dass sich Leute nicht auf ihre Intuition verlassen und ihre Gefühle nicht ausdrücken.
Was denn nun?
Beides. Intuition klappt halt nur, wenn man seine Gefühle versteht. Das ganze Verständnis davon und z.T. natürlich auch die Kontrolle.
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Eisflamme schrieb:
Beides. Intuition klappt halt nur, wenn man seine Gefühle versteht. Das ganze Verständnis davon und z.T. natürlich auch die Kontrolle.
Nenn mich aufgeklärt
, aber Intuition funktioniert nur wenn man Glück hat.
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Falsch.
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SeppJ schrieb:
Eisflamme schrieb:
Beides. Intuition klappt halt nur, wenn man seine Gefühle versteht. Das ganze Verständnis davon und z.T. natürlich auch die Kontrolle.
Nenn mich aufgeklärt
, aber Intuition funktioniert nur wenn man Glück hat.
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Da sieht man Mal, wie fixiert und versteift man sein kann, dass man in seiner Engstirnigkeit nicht Mal solche eigentlich einfachen Dinge versteht.
Natürlich kommt es auf das Gebiet an und viele Leute, die nach ihrem "Bauchgefühl" handeln, machen einfach Fehlentscheidungen. Aber oft ist Intuition einfach die beste Variante, weil man komplexe Sachverhalte mit dem Verstand noch nicht komplett erfassen kann, während man mit der Intuition bereits Ahnungen hat.
Beispielsweise gab es Mal eine Studie dazu, welche Entscheidungsarten in Unternehmen am besten erschienen. Da wurden Entscheidungen basierend rein auf verschiedenen Analysen gemacht. Ein Punkt war auch Intuition. Und nach Intuition werden im Schnitt die besseren Entscheidungen getroffen.
Dann kannst Du Dir auch jede Art von Denksport nehmen. Da fährt man natürlich Analysen und denkt viel nach und guckt sich ein paar Entscheidungen aus. Welche man aber trifft, wird intuitiv geschlossen. Und die Entscheidung ist deutlich besser als eine zufällige. Am Ende ist es auch das letzte Mittel, aber Intuition trifft oft bemerkenswert genau und ist deutlich besser als Glück, wenn auch nicht so akkurat wie Verstand, aber trotzdem sehr wichtig.
Nimm Mal Schach. Da analysiert man viel und alles, aber ohne Intuition klappt nichts. Nimm Mal Poker. Da rechnet man Entscheidungen durch und entscheidet sich letztlich für eine. Mit Intuition setzt man auch die Dinge um, die unscharf schon im Gehirn sind, aber noch nicht mit dem Verstand aufgefasst worden sind. Die kannst Du mit deiner linken Hirnhälfte gar nicht realisieren, mit der rechten hingegen schon. Aber dafür muss man auf "sein Gefühl", "seine Intuition" vertrauen.
Man kann das auch weiterspinnen zu der Kunst, das Unterbewusstsein zu nutzen. Das ist keine Herangehensweise der Form, dass man analytisch von A nach B kommt und daher funktioniert's. Man nutzt nicht den "Verstand", sondern man nutzt sein "Gefühl" bzw. beeinflusst dieses. Aber dafür muss man erstmal verstehen, wie man überhaupt tickt. Die Selbstfindungsphase kann man nicht mit dem Verstand allein bestreiten. Klar, man kann ihn einsetzen, um die Erkenntnisse zu erklären. Aber in erster Linie hat man Erkenntnisse erstmal mit der Intuition/dem Gefühl/was auch immer.
Übrigens ist mir bewusst, dass ich die Begriffe Intuition und Gefühl nicht disjunkt benutze, aber da gibt es eben auch Überschneidungen. Die rechte Hirnhälfte funktioniert nämlich deutlich schlechter, wenn sie von Emotionen beeinflusst wird, die linke auch, aber ist davon nicht ganz so stark beeinträchtigt.
Dann nehmen wir Mal Wissenschaftler. Was denkt ihr, wie Theorien entstehen, darunter auch die Relativitätstheorie. Das kommt auch aus der Intuition und aus der rechten Hemisphäre. Natürlich sind die Hirnhälften wechselwirkend, aber zu sagen, dass man mit Intuition einfach nur Glück braucht, zeugt wieder von großer Naivität. Da kann man ja gleich sagen, Einstein hatte nur Glück. Sehe ich persönlich nicht so. Auch wenn er noch nicht alle Einzelheiten im Kopf hatte, hatte er bereits eine Ahnung, hat nach seiner Intuition auf bestimmte Wissensbereiche hin geforscht.
Von den kreativen Künsten will ich jetzt Mal gar nicht sprechen, denn die beruhen dann nochmal deutlich weniger auf dem Verstand. Was sagt ihr eigentlich zu literarischen Künstlern wie Goethe oder Schiller? Ist das für euch einfach nur "amüsante Literatur"? Mehr kann das für euch Tunnelblicker ja nicht sein. Genau so wie große Kunstwerke der Malerei oder Musik nicht basierend auf "a + b = c" entstanden sind.
Natürlich gibt es Überschneidungen zwischen Verstand und Gefühlen und man muss beides nutzen. Aber immer nur den Verstand zu trainieren ist genau so falsch wie seine gefühlsbasierte Hirnhälfte nicht zu trainieren. Aber genau das ist das Postulat der Aufklärung: Intuition und Gefühle haben nichts in der Gesellschaft oder bei wichtigen Entscheidungen zu suchen. Na herzlichen Glückwunsch!
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Eisflamme schrieb:
Natürlich gibt es Überschneidungen zwischen Verstand und Gefühlen und man muss beides nutzen. Aber immer nur den Verstand zu trainieren ist genau so falsch wie seine gefühlsbasierte Hirnhälfte nicht zu trainieren. Aber genau das ist das Postulat der Aufklärung: Intuition und Gefühle haben nichts in der Gesellschaft oder bei wichtigen Entscheidungen zu suchen. Na herzlichen Glückwunsch!
Du gehst einfach davon aus, als wäre es ein Faktum, dass Menschen durch ihre Emotion gut werden.
Ich denke das Gegenteil. Hass und Angst sind die größten Auslöser dafür, dass Menschen schlimmes tun.
Auch wenn es darum geht, moralische Entscheidungen zu treffen, sind Emotionen total fehl am Platz. Denn was immer man gut finden mag, das beste Mittel dies Zuverlässig zu erreichen ist der Verstand.
Selbst wenn jemand die besten Absichten hat, sollte er sich nicht emotional leiten lassen, denn wenn er nicht weiß, wie die Realität logisch zusammenhängt, dann wird er der Elefant im Porzelanladen. Er hat zwar gute Absichten, aber statt auf die richtigen Handlungen für diese Absichten zu schließen, verlässt er sich auf die falsche Intuition seiner Hormontrunkenheit.