Kann ich nicht logisch denken?
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"Ich habe kein Geld, keine Kleidung, kein Garnichts."
Gruß
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Ist nicht so schlimm. Du kannst auf Garnichts verzichten.
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supertux schrieb:
Wetten, dass die meisten auch a || b mit ¬ a || ¬ b negieren? Wetten, dass viele aus 'A => B' '¬ A => ¬ B' folgern?
und wetten, dass alle, die 'oder' sagen, eigentlich 'xor' meinen.
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~fricky schrieb:
supertux schrieb:
Wetten, dass die meisten auch a || b mit ¬ a || ¬ b negieren? Wetten, dass viele aus 'A => B' '¬ A => ¬ B' folgern?
und wetten, dass alle, die 'oder' sagen, eigentlich 'xor' meinen.
oh ja, den Fall habe ich vergessen
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supertux schrieb:
geh auf die Strasse und stell diese Frage. wetten wir, dass 90% der Menschen da draußen den selben Fehler machen? Wetten, dass die meisten auch a || b mit ¬ a || ¬ b negieren? Wetten, dass viele aus 'A => B' '¬ A => ¬ B' folgern? Wetten, dass viele Leute a && b als nicht äquivalent zu b && a antworten werden? Die Mehrheit der Menschheit, die nicht mathematische Loggik Vorlesung gehört hat, macht diese klassische Fehler, aber nicht alle. Selbst viele Mathematiker machen diese Fehler.
Das haben Psychologen alles schon längst gemacht:
http://en.wikipedia.org/wiki/Wason_selection_taskDas Ergebnis ist, wenn man die Aufgabe abstrakt mathematisch formuliert, findet praktisch niemand die korrekte Antwort. Sobald die Frage aber in einem sozialen Kontext logisch äquivalent formuliert wird, findet die Mehrheit der Menschen auf Anhieb die logisch korrekte Antwort. Die konkrete Umsetzung dieses sozialen Kontexts ist nicht wichtig, solange es Regeln des Zusammenlebens sind, gegen die jemand verstoßen kann. Deswegen läuft der Spaß auch unter dem Begriff "cheater detection". Der interessante Punkt ist dabei die logische Äquivalenz der Aufgabenstellungen.
Die Schlussfolgerung kann also nicht sein, dass Menschen kein Logik beherrschen würden. Im Gegenteil wird die logisch korrekte Antwort auch ohne jeglicher mathematisch-logischen Ausbildung gefunden, sofern die Aufgabe passend formuliert ist. Die Schlussfolerung muss eher sein, dass der Evolution die abstrakte, mathematische Formulierung egal war - die Anwendung von sozialen Regeln und deren Absicherung gegen Betrüger dagegen nicht.Und vergleichbar ist es auch mit der Sprache. Sie ist trivial unlogisch, wenn man darunter "entspricht nicht der mathematisch-formalen Logik" versteht. Sie ist aber definitiv nicht unlogisch im Sinn von willkürlich, beliebig, zufällig, sich widersprechend, keine Logik feststellbar und dergleichen.
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@minhen: Klingt jetzt blöd, aber danke, für den schönen Beitrag. Fand ich sehr interessant.
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Danke, freut mich. Wieso soll es blöd klingen? Wenn jemandem etwas nicht passt, dann wird ja auch sofort geschrien. Aber positives Feedback oder, falls man mal geholfen hat, "Danke" sagen, das tut fast keiner. Das ist einer der Gründe, warum ich mittlerweile keine nennenswerte Zeit mehr in das Forum investiere. Früher hab ich auch schon mal über eine halbe Stunde für einen Beitrag investiert. An sich war das nicht zeitintensiver als andere Hobbys. Aber heute denke ich nicht mehr im Traum daran. Der wichtigste Grund dafür ist, dass man sowieso nur Undankbarkeit und Böswilligkeit als Belohnung zurückbekommt. Und das ist dann einfach nur Zeitverschwendung. Also ignoriere ich heute einfach Beiträge, die mehr als drei, vier Minuten Zeit beanspruchen. Selbst wenn sie sich direkt an mich richten. Insofern: Danke. Und nein, klingt nicht blöd
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minhen schrieb:
Sie ist aber definitiv nicht unlogisch im Sinn von willkürlich, beliebig, zufällig, sich widersprechend, keine Logik feststellbar und dergleichen.
Ach ja? Warum muss man dann noch Texte interpretieren oder warum kommt es dann zu Kommunikationsfehlern? Warum streiten sich dann noch Leute über Begriffe?
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Sprache ist nicht trivial, sondern sehr komplex. Und das liegt in der Natur der Sache. Sprache muss echt mehr leisten und ausdrücken, als es realistisch mit bekannten Formalismen möglich ist. Bei Sprache kommen Späßchen wie allgemeine Kognition und natürlich Weltwissen mit ins Spiel. Alle Äußerungen sind situiert, vom Kontext abhängig. Man sieht einer Frage wie "Ist das Fenster offen?" nicht einfach so an, ob sie eine Frage nach einem Wahrheitswert ist oder ob sie eine Handlungsaufforderung darstellt. Aber das bedeutet nicht, dass sie eine beliebige oder unklare Bedeutung hätte. Wenn es dich interessiert, lies dich in Logik und Spieltheorie ein. Denn Kommunikation lässt sich als spieltheoretisches Spiel betrachten. Aber Logik solltest du darüber nicht vergessen. Denn du scheinst zu glauben, dass eine logische Formel einfach so wahr oder falsch wäre und einfach so ihre Bedeutung hätte. Das ist im Allgemeinen aber nicht der Fall. Auch eine formallogische Formel muss fleißig interpretiert werden. Zwar formallogisch, doch das ändert weder an der Notwendigkeit noch an der Tatsache der Interpretation etwas. Nebenbei gesagt gibt es für sprachliche Äußerungen logische Formalismen (z. B. einfach mal nach "Proper Treatment for Quantification in Ordinary English" von Montague googeln oder nach Diskursrepräsentationstheorie für einen satzübergreifenden Formalismus). Der Knackpunkt ist weniger, dass sprachliche Äußerungen keine logische Struktur hätten. Der Knackpunkt ist viel eher die ungeheuere Leistungsfähigkeit der menschlichen Kognition - und damit die Formalisierung, weniger der logischen Strukturen, sondern der Interpretationsfunktion.
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Zuletzt bearbeitet von volkard am 26.02.2009 18:09, insgesamt 1-mal bearbeitet
Was hat deine Meinung geändert?
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minhen schrieb:
Zuletzt bearbeitet von volkard am 26.02.2009 18:09, insgesamt 1-mal bearbeitet
Was hat deine Meinung geändert?
du weißt, was drin stand, das reicht.
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Ja, das weiß ich. Ich führe zwar nicht mehr alles im Detail aus, was ich sage. Aber es ist im Normalfall immer überprüfbar. Der zeitliche Ablauf beim Erstellen und Editieren deines Beitrags macht es zumindest möglich, dass du genau das getan und als Konsequenz deinen Beitrag editiert hast. Und das macht mich halt neugierig. Hast du dich in die Thematik Logik und Sprache eingelesen und z. B. das Paper von Montague gelesen? Es ist zwar aus den 1970ern und damit nicht mehr ganz taufrisch und aktuell, aber noch immer lesenswert und mit seinen paar Seiten auch überschaubar. Also hast du?
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nein, aber das brauche ich auch nicht, um zu sehen, daß du wieder übers ziel hinausschießt. lies dich mal in die chaostheorie ein, dann vestehst du, daß selbst bei völlkommener kenntnis der regeln es doch manchmal sinnvoll ist, von zufall zu reden.
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Spieltheoretische Ansätze sind nicht zwingend deterministisch. Wenn du Spieltheorie und Kommunikation oder Game Theory und Communication gegoogelt hättest, hättest du sicher schnell gesehen, dass man dort mit Wahrscheinlichkeiten arbeitet.
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minhen schrieb:
Das Ergebnis ist, wenn man die Aufgabe abstrakt mathematisch formuliert, findet praktisch niemand die korrekte Antwort. Sobald die Frage aber in einem sozialen Kontext logisch äquivalent formuliert wird, findet die Mehrheit der Menschen auf Anhieb die logisch korrekte Antwort.
dem stimme ich zu. ich mache sogar ein beispiel:
auf >>aus "Wenn es regnet, gehe ich spazieren." und "Es regnet nicht." folgt "Ich gehe spazieren.", ist das wahr?<< hat man probleme. ("ex falso quidlibet" ist eh schwierig.)
aber verpackt als >>"Volkard hat versprochen, daß er immer spazierengeht, wenn es regnet." und "Es regnet nicht." Hat er sein Versprechen gehalten, wenn er spazierengeht, oder ist er ein ist er ein Schummler?<< fällt es ungleich leichter.
nur bei dir klingt das so, als könne man einfach mal "Gibt es unendlich viele Primzahlenzwillinge?" in so eine gerechtigkeitsfrage umformulieren und der ultrakompetente sprachliche apparat würde das schon lösen können. dem ist nicht so. vielleicht ist es sogar so, daß man sich bei komlexeren dingen sogar vom sprechapparat und der evolution lösen muß.
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minhen schrieb:
Wenn du Spieltheorie und Kommunikation oder Game Theory und Communication gegoogelt hättest, hättest du sicher schnell gesehen, dass man dort mit Wahrscheinlichkeiten arbeitet.
leider weiß ich da nicht die spreu vom weizen zu trennen. wenn du mir den gefallen tun würdest, und ein möglichst deutsches dokument um 20 bis 50 seiten finden könntest, wäre es mir eine freude, mich einzuarbeiten.
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volkard schrieb:
nur bei dir klingt das so, als könne man einfach mal "Gibt es unendlich viele Primzahlenzwillinge?" in so eine gerechtigkeitsfrage umformulieren und der ultrakompetente sprachliche apparat würde das schon lösen können. dem ist nicht so.
Wäre ich ein Philosoph, würde ich sagen, dass du einen Kategorienfehler begehst. Ich spreche von der rein sprachlichen Interpretation der Ausdrücke a la "Was will mir die Äußerung sagen?". Der Wahrheitswert der Aussagen in unserer Welt interpretiert spielt dabei überhaupt keine Rolle. Was der Sprachapparat leistet, ist, dass du die Frage "Gibt es unendlich viele Primzahlzwillinge" verstehst. Nicht, dass du auch die jeweilige Antwort darauf weißt. Das sind zwei völlig unterschiedliche Kategorien. Selbst wenn 2008 nicht das Jahr der Mathematik gewesen wäre und ich deswegen völlig uninteressiert nicht wüsste, was ein Primzahlenzwilling ist. Dann wüsste ich dennoch, dass die Antwort auf die Frage "Ja" lauten sollte, wenn salopp gesagt {x|primzahlenzwilling(x)} unendlich ist und "Nein" andernfalls. Das ist es, was der Sprachapparet leistet. Und das ist auch, was nicht zufällig, beliebig oder willkürlich ist. Wie ich es zuvor nannte: die logische Struktur. Und Montague zeigt eben, dass sich die Gesamtbedeutung auch bei wahrheitstheoretisch problematischen Fällen wie "Ich glaube, es gibt einen Gott und dass er gütig ist und dass alle Menschen an ihn glauben" aus den Teilausdrücken berechnen lässt. Ob diese Aussage jetzt wahr oder falsch ist, das ist eine andere Frage. Die hängt von der konkreten Interpretationsfunktion ab. Die logische Struktur ist davon aber nicht betroffen.
volkard schrieb:
leider weiß ich da nicht die spreu vom weizen zu trennen. wenn du mir den gefallen tun würdest, und ein möglichst deutsches dokument um 20 bis 50 seiten finden könntest, wäre es mir eine freude, mich einzuarbeiten.
Eines der ersten Ergebnisse z. B.: http://www.cis.uni-muenchen.de/~leiss/common-knowledge-08/folien-partusch.pdf das ist doch eine nette, kurze, deutsche Zusammenfassung der Grundlagen.
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minhen schrieb:
Und vergleichbar ist es auch mit der Sprache. Sie ist trivial unlogisch, wenn man darunter "entspricht nicht der mathematisch-formalen Logik" versteht. Sie ist aber definitiv nicht unlogisch im Sinn von willkürlich, beliebig, zufällig, sich widersprechend, keine Logik feststellbar und dergleichen.
ich wollte auch nicht sagen, dass Menschensprachen "willkürlich, beliebig, zufällig, sich widersprechend" sind. Sie sind nach mathematische Logik Masstäbe nicht logisch. Man hat einfach mehr Information, die man erst im Kontext versteht. Das Bsp mit der Fahrt nach Berlin ist gut:
Ich saufe und fahre nach Berlin / Ich fahre nach Berlin und ich saufe.
Wenn man "Ich saufe" und "Ich fahre nach Berlin" als Aussagen A und B sieht, dann ist es, dass A && B erst dann erfüllt ist, wenn A erfüllt ist und B erfüllt ist. Wann ich saufe, oder wann ich fahre, wie ich fahre usw. spielt hier keine Rolle, solange A und B erfüllt sind, sind beide Aussagen oben äquivalent.
Auf Deutsch sind aber die Aussagen nicht mehr so ganz äquivalent, denn auf Deutsch haben wir mehr Information zu interepretieren, nämlich Zeit und Ortsangaben: In der Regel versteht man eine Ausage der Form "A && B" so, dass man zuerst/zunächst A tut und dann/danach B tut. Und die Zeitspanne zwischen Aktion A und B ist nur im Kontext klar. Auch der Ort, wo man die Aktionen tut ist nur Kontext klar. Deshalb sagte ich, dass die Menschensprache mathematisch-unlogisch ist.
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Sprache ist entstanden, damit Menschenkollektive ihre Chancen im vorzeitlichen Überlebenskampf verbessern konnten - ein Mammut zu jagen ist vermutlich leichter, wenn man sich über die Strategie austauschen kann.
Mathematische Denkweisen orientieren sich zwar an der natürlichen Sprache, aber die Sprache der Mathematik ist nicht evolutionär entstanden, und wird daher anders gehandhabt als natürliche Sprache - vor allem viel direkter und mit wenig impliziter Information. Ein großer Teil der übertragenen Information während eines Gesprächs wird bekanntlich gar nicht in Worten, sondern in Gesten ausgetauscht.
Allgemein nimmt es doch keine Wunder, daß man in Widersprüche gerät, wenn man mathematische Ausdrücke und natürliche Sprache vermischt oder die Interpretationsgewohnheiten des einen auf den anderen Sprachentyp anwendet.