Differentialgleichung linearisieren



  • Kann mir jemand ein Beispiel geben, wie ich eine DGL linearisiere?
    Ich verstehe noch nicht mal WAS ich linearisieren sollte, das Vektorfeld? Die Lösung? Oder was bringt das ganze?


  • Mod

    Du hast eine DGL dx/dt = f(x) . Die kannst du Entwickeln um Punkte an denen f(x) = 0 . Und wenn du nach der ersten Ordnung die Entwicklung abschneidest, hast du eine lineare Näherung der DGL um diese(n) Punkt(e). Die dann - in der Nähe dieses Punktes - eine sehr einfach zu findende, aber trotzdem einigermaßen genaue, Lösung der DGL erlaubt. Das ist mit Linearisierung einer DGL gemeint.

    Darüber könnte man noch eine ganze Menge mehr schreiben, aber ohne konkrete Frage mache ich das nicht, sonst würde ich ein kleines Mathebuch schreiben.



  • Wieso muss f(x) = 0 gelten?

    Konkret geht es hier eig um Mechanik, aber ständig steht da was von Variationsgleihcung einer Differentialgleichung von dem ich dann irgendwo anders gelesen habe, dass das gleichbedeutend zu einer Linearisierung ist.


  • Mod

    gerchau schrieb:

    Wieso muss f(x) = 0 gelten?

    Sonst bringt dir eine Entwicklung herzlich wenig. Die Doppelbelegung des Bezeichners x war vielleicht ein bisschen ungeschickt 🙂 . Sagen wir, die DGL ist dx/dt = f(x) . Du willst ja irgendwelche Schlüsse über das Verhalten der Lösung der DGL um einen gewissen Wert von x = a herum ziehen. Das funktioniert nur, wenn f(a) = 0, denn sonst hängt das Verhalten der Lösung an der Stelle vom Anfangswert ab. Aber mit f(a) = 0 weiß man, dass die Lösung an der Stelle konstant ist. Und wenn man sich ein kleines bisschen von a entfernt, dann kann man mit der linearisierten DGL etwas über das Verhalten der Lösung für kleine Fluktuationen um den Anfangswert aussagen. Zum Beispiel, wenn f(x) um den Punkt a herum in erster Ordnung wie +x geht (d.h. f'(a) > 0), dann werden kleine Schwankungen sich stets vergrößern, ist es umgekehrt (f'(a) < 0), werden kleine Schwankungen gedämpft. Das weiß man eben aus der Linearisierung, weil man ja f(x) um den Punkt a als f(y - a) = f(a) + f'(a)*y = f'(a) * y annähern kann (mit y = x - a). Und die Lösung der daraus resultierenden DGL, dy/dt = f'(a)*y, kennt man, das ist einfach eine Exponentialfunktion, eben mit positiven Exponent (f'(a) > 0) oder mit negativem Exponent (f'(a) < 0).

    Ich merk schon, ich fang hier an zu schwafeln und das erwähnte Mathebuch zu schreiben, daher mach ich hier mal Schluss, bis weitere konkrete Fragen kommen.

    Konkret geht es hier eig um Mechanik, aber ständig steht da was von Variationsgleihcung einer Differentialgleichung von dem ich dann irgendwo anders gelesen habe, dass das gleichbedeutend zu einer Linearisierung ist.

    Den Begriff Variationsgleichung habe ich zwar so noch nie gehört, aber Google bestätigt, dass der tatsächlich von einigen Autoren benutzt wird. Und zwar so wie du sagst, als Bezeichnung für eine linearisierte DGL. Was sonst willst du wissen? Hilft dir dies?



  • Oh vielen Dank, mit Hilfe der Erklärung und eines youtube-Videos verstehe ich schon deutlich mehr.

    In der tat werden in meinem Skript nur Gleichgewichte von Differentialgleichungen betrachtet.
    Hier verstehe ich das

    Das funktioniert nur, wenn f(a) = 0, denn sonst hängt das Verhalten der Lösung an der Stelle vom Anfangswert ab

    noch nicht ganz.
    Ich kann doch theoretisch überall linearisieren? Wieso benötige ich ein Gleichgewicht? Würde auch eine lokale Nullstelle von f ausreichen oder muss ein komplettes Gleichgewicht also f == 0-Funktion vorliegen?

    Zum anderen: Wieso mache ich das?
    Wenn ich es richtig verstanden habe, ist die Fragestellung, wie sich die Lösung für (kleine) ABweichungen/Störungen aus dem Gleichgewicht verhält oder anders gesagt die Stabilität. Wenn ich mich richtig erinnere, sollte eine gestörte Lösung doch nie mehr als linear von der Lipschitz-Konstante abweichen?
    ALso sowas wie |f(x) - f(y)| <= L * | x-y |
    Da habe ich doch bereits eine Abschätzung für ein gestörtes System, dachte ich.


  • Mod

    gerchau schrieb:

    Ich kann doch theoretisch überall linearisieren?

    Ja. Aber was hätte man davon? Dann wüsste man beispielsweise, dass näherungsweise dx/dt = C1 + C2*x(t-a) um einen Punkt a. Toll! Was wissen wir nun über das Verhalten der Lösung, was wir nicht schon vorher (d.h. darüber, dass f(a) = C1 ) wussten? Das Ganze wird doch dominiert durch das C1. Daher bringt das erst so wirklich was, wenn C1 = 0 .

    Würde auch eine lokale Nullstelle von f ausreichen oder muss ein komplettes Gleichgewicht also f == 0-Funktion vorliegen?

    Natürlich reicht eine lokale Nullstelle, ansonsten wäre die DGL ja reichlich langweilig, wenn f(x) überall 0 wäre.

    Zum anderen: Wieso mache ich das?
    Wenn ich es richtig verstanden habe, ist die Fragestellung, wie sich die Lösung für (kleine) ABweichungen/Störungen aus dem Gleichgewicht verhält oder anders gesagt die Stabilität. Wenn ich mich richtig erinnere, sollte eine gestörte Lösung doch nie mehr als linear von der Lipschitz-Konstante abweichen?
    ALso sowas wie |f(x) - f(y)| <= L * | x-y |
    Da habe ich doch bereits eine Abschätzung für ein gestörtes System, dachte ich.

    Und diese Abschätzung wäre? Du weißt dadurch doch bloß, dass (in der linearen Näherung für f) eine eindeutige Lösung der DGL existiert, aber nicht, wie sie aussieht.


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