Wie steht Ihr zu Dijkstra's Brandmauer der Informatik?
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Gregor@Home schrieb:
Hi. Ich habe letzt gemerkt, dass es mich interessieren würde, wie die Leute hier zu Dikstra's Brandmauer stehen. Dazu folgender kurz einführender Text:
http://www.itas.fzk.de/tatup/033/rolf03a.htm schrieb:
[...]Dennings Gegenposition: Die Quelle der Komplexität sei nicht die interne Struktur der Software, sondern die Schwierigkeit, den Kern der menschlichen Arbeit zu verstehen.
Dem stimme ich teilweise zu, ich halte aber die Schlussfolgerung, dass Informatiker das ausbaden sollen, für falsch. Ich halte beide Faktoren für die Quelle der Komplexität. Als Informatiker lerne ich, die eine auszuschalten und habe kein Bedürfnis, jeden zweiten Tag zum Kunden zu rennen um zu prüfen, ob er auch wirklich das will, was er sagt. Kommunikation klappt nur über ganz kleine Stufen hinweg. Der BWLer in Firma X will eine bestimmte Software von einer Firma Y entwickelt haben. Wie stellst du dir das jetzt vor? Soll er zum Informatiker der Firma Y gehen und ihm das Pflichtenheft vorlegen? Nene, der muss erstmal zu seinem Wirtschaftsinformatiker (der in nur mit Mühe versteht), der muss dann zu seinem Informatiker (der ihn nur mit Mühe versteht) und dann können alle drei mal vorbei kommen. Ein wenig übertrieben, aber vom Prinzip das einzige, das funktioniert.
Ich habe oft das Gefühl, dass die Meinung von Dijkstra hier sehr populär ist. Das spiegelt sich zum Beispiel in der Verachtung von BWLern wieder: Obwohl die eigene Arbeit als Informatiker sicherlich stark von der Arbeit von BWLern abhängt, wollen hier viele nichts mit denen zu tun haben.
Die Wirtschaftler machen uns das Leben schwer, das ist eine unbestreitbare Tatsache. Das ist natürlich jetzt selber keine formale Spezifikation. Es mag Wirtschaftler mit Erfahrung im Bereich Softwareentwicklung geben, die wissen
- dass der letzte Feinschliff eines Programms wichtig ist
- dass es auch wirtschaftlich auf Dauer einfach ungut ist, ein Programm mit bekannten Bugs zu veröffentlichen. Patchen ist teurer und schwieriger, als noch vor dem Release zu fixen
- ungefähr, was technisch aufwändig zu realisieren ist und was nicht
- dass sie vorher Informatiker fragen müssen, ob das einigermaßen machbar ist, bevor sie einen Auftrag annehmen, weil 2 Cent extra locken
Gibt aber auch mehr als genug, die diese Qualitäten nicht aufweisen. Mir ist allerdings schleierhaft, wo unsere Arbeit von deren abhängt. Weil sie die Firma leiten? Das könnte man dann über jeden Beruf sagen. Kannst du das präzisieren?Liegt da nicht eine Kommunikationsbarriere vor, die man eher negativ bewerten sollte? Auch in anderen Äußerungen kommt oft zum Vorschein, dass den Leuten hier nur die Technik wichtig ist, nicht aber die Umgebung, in der die Technik eingesetzt werden soll. Beispielsweise wird der GUI einer Anwendung hier oft nur eine sehr geringe Rolle zugeschrieben, obwohl sie wohl teilweise entscheidend ist, was die Nutzerakzeptanz des Programms betrifft. Neben der Technik scheint hier in vielen Bereich nichts anderes zu zählen.
So sind die Informatiker halt und dafür werden sie ausgebildet und eingestellt. Man muss einen Menschen seiner Qualifikation entsprechend einstellen. Du kannst einen Informatiker einfach nicht mit Photoshop arbeiten oder ein GUI programmieren lassen. Dann stell ihn lieber gar nicht erst ein, sonst wunderst du dich noch, dass er unzufrieden ist.
Gehst du in die Algorithmen und Datenstrukturen Vorlesung, um ein GUI zu entwickeln, tagein, tagaus?
Stehen hier tatsächlich die meisten Leute hinter dieser Sichtweise?
Kann ich nicht sagen.
Ich muss sagen, dass ich da eher die Sichtweise von Denning nachvollziehen kann. Ich denke nicht, dass sich die Informatik in einem kleinen Kompetenzbereich sehen sollte, deren Grenze eine formale Spezifikation darstellt. Ich glaube, dass es in den meisten Bereichen, in denen ein Informatiker arbeitet, Argumente außerhalb der Informatik gibt, die die Arbeit beeinflussen müssen. Ein Informatiker sollte sich mit diesen Argumenten auseinandersetzen und sie in die Arbeit einfließen lassen.
Einem Physiker oder Mathematiker sagt man so etwas irgendwie nie. Ist die Informatik eine Wissenschaft zweiter Klasse?
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Optimizer schrieb:
Einem Physiker oder Mathematiker sagt man so etwas irgendwie nie. Ist die Informatik eine Wissenschaft zweiter Klasse?
Ich denke schon, daß gerade Mathematiker das auch oft zu hören kriegen. Letztlich ist es doch so, daß es gerade in Mathematik und Informatik um Modellbildung geht. Und Modellbildung hat ganz massiv was damit zu tun, wie es hinter der Scheibe aussieht und selbstverständlich müssen wir die Erfahrungen dann in unsere Modellbildungsverfahren einfließen lassen. Daß da am Schluß ne formale Spezifikation rauskommt, weil wir damit gut umgehen und ne Menge machen können ist ne eigene Sache. Ich denke man sollte sich klar machen, daß es diese Grenze gibt und vielleicht auch gelegentlich mal innehalten und sich überlegen, auf welcher Seite man ein Problem anpackt.
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was ist informatik?
sagen wir mal "die lehre von alles, was wo über rechner ist".nu gibt es wirtschaftsinformatiker auf der einen seite, von denen nur die alerbesten wissen, daß rechner strom benutzen und theoretische informatiker auf der anderen seite des spektrums, wo wiederum nur die allerbesten wissen, daß rechner strom benutzen. und ganz ganz viele dazwischen, die alles machen.
also theoretischer würde es mich stören, daß die wirtschis so viel müll produzieren und als "informatik" verkaufen. es würde mich stören, daß die wirtschis aus alter ORG/DV-tradition (die wiederum nur daraus entspringt, daß die lohnbuchhaltung die killerapplikation für rechner war) jede menge lehrstühle belagern und ca. 50% der zeit, die die studenten hätteb, was sinnvolles zu lernen, mit ihrem müll zupflastern.
wäre ich wirtschaftsinformatiker, würde ich das problem gar nicht verstehen.
und dazwischen muß ich sagen: was ein quatsch. ich stelle mir mal ne brandmauer bei den maschbauern vor. ein maschinenbauer darf zwar mit dem ölkännchen rumlaufen, darf auch effiziente getriebe und gehäuse entwerfen, er darf aber kein gehäuse entwerfen, was hübsch anzusehen ist und er darf sich nicht überlegen, ob er nen gang mehr einbaut, weils vielleicht kundenwunsch sein könnte. so legt man ne nationale automobilindustrie in nur zwei jahrzenhten lahm.
brandmauern sind sowas wie prinzipien, und die haben in der informatik ganz wenig verloren. außerdem ist dijkstra nicht mehr da und wir dürfen sogar wieder goto benutzen.
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Optimizer schrieb:
Weil sie die Firma leiten? Das könnte man dann über jeden Beruf sagen.
sie arbeiten für ihre sachen auch mit rechnern (excel und powerpoint) und zocken sogar daheim. sind besser mit rechnern als ihre nachbarn. kriegen größenwahn und malen mit uml und pläne auf, wie die software innendrin aussehen sollte, sie maßen sich also an, ausgerechnet den schwierigstem teil zu erledigen, völlig ohne plan, daten, fachwissen und nicht zuletzt begabung.
das machen die wirtschafter, die maschinenbauebetriebe leiten, nicht so.
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Optimizer schrieb:
Du kannst einen Informatiker einfach nicht mit Photoshop arbeiten oder ein GUI programmieren lassen.
Bezüglich Photoshop gebe ich dir Recht. Das ist kein Aufgabengebiet eines Informatikers. Bei den GUIs sehe ich das allerdings etwas anders. An unserer Uni gibt es durchaus die Möglichkeit, sich in eine Richtung zu spezialisieren, die einen erheblichen Anteil an "Softwareergonomie" als Studieninhalt hat. Das hängt bei uns sehr nah an der Softwaretechnik dran. Auch in anderen Bereichen des Studiums gibt es Studieninhalte, die man durchaus für GUIs gebrauchen kann: Zum Beispiel gibt es eine Vorlesung im Grundstudium, in der es teilweise um die visuelle Wahrnehmung des Menschen geht.
Naja, zugegebenermaßen kann man sich auch in Richtungen spezialisieren, die eher gar nichts mit der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine zu tun haben.
Aber wen würdest du denn an die GUI setzen? Wahrscheinlich einen Fachinformatiker oder besser noch einen Praktikanten, heh? Naja, dann sind wir wieder an der Stelle, an der man davon ausgeht, dass das nichts relevantes ist. IMHO ist das eine Fehleinschätzung, wie ich weiter oben schon gesagt habe. Weiterhin hat eine GUI natürlich viel mit dem jeweiligen Aufgabengebiet des Nutzers zu tun. Dieser hat gewisse Arbeitsweisen, bei denen er jetzt durch eine Software unterstützt werden soll. Da ist es dann wichtig, dass die Vorstellungen des Informatikers mit denen des Kunden übereinstimmen. Wenn die Software dem Nutzer eine Arbeitsweise aufdrängt, die der Nutzer normalerweise nicht so durchführt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Softwaresystem vom Nutzer komplett abgelehnt wird und somit zum Fehlschlag wird.
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Hallo,
es gibt eine Rolle, die ein Bildeglied zwischen den Kunden, OEM, Kunden-, Produkt- und Projektmanagement sogar TOP Management und den Mitarbeitern und Zulieferfirmen darstellt - den sogenannten Anforderungsmanager!
Im Anforderungsmanagement gibt es auch Unterstufen, jene die Requests der Stakeholder nur verwalten und zu Anforderungen formulieren (CMMI Level 2) und jene die sogenannten Anforderungsanalytiker aka Requirements Engineer (CMMI Level > 2), die Anforderungen selbst erarbeiten, ein Architektur-Modell des Projektes entwerfen, an dem sie sämtliche Arbeitsergebnisse des Engineering Bereichs bi-direktional mappen (tracen), die nochmals angefasst oder wiederverwendet werden sollen.
Diese Kaste balanciert sämtliche Einflussnahmen, Ergebnisse und Aufwendungen zwischen den Projektbeteidigten aus und hält alle Arbeitergebnisse, Ziele, Entscheidungen und Modelle (auch off-shore) transparent und nutzbar.
Die Ansprüche für den Aufstieg zu dieser Kaste sind entsprechend hoch:
- mehrjährige Erfahrungen im Kunden-, Produkt-, Projekt- und Processmanagement
- mehrjährige Erfahrung als System Engineer
- und dazu mehrjährige Erfahrung als Designer, Coder und Tester SW ggf auch HW.
- hinreichende Kenntnisse der unternehmenseignen Lösungen
- hinreichende Kenntnisse der betroffenden Fachdomainen
- 2-3 Jahre Erfahrungen mit zugehörigen Tools und IT-Landschaft.Deshalb können nur die besten Leute in einen Unternehnem diese Aufgabe erfüllen. Aber natürlich will man diese gerade nicht abstellen um "Verwaltungsaufgaben" zu übernehmen und erst Recht nicht, abhängig von der Unternehmensgröße, Duzende davon.
Außerdem muss die gesamte Toollandschaft umgestellt werden und die Mitarbeiter so geschult, dass mit Process, Methode und Design eine solche domain-getriebe Entwicklung unterstützen können.
<side-kick>... damit würde man Eigenbrödler volkard wohl zur Detonation bringen!..</side-kick>
Deshalb gibt es bisher auch nur wenige Unternehmen die ein SCAMPI Assessment für Level 3 und höher bestanden haben:
http://seir.sei.cmu.edu/pars/pars_list.asp?s=&m=0Deshalb werden solche Diskussionen wohl bis zum Nimmerleinstag geführt.
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P84@work: Glaubst du das das hier jemand versteht was du schreibst?
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............. schrieb:
P84@work: Glaubst du das das hier jemand versteht was du schreibst?
oder verstehen will?
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das hört sich alles so realitätsfremd an.
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............. schrieb:
P84@work: Glaubst du das das hier jemand versteht was du schreibst?
Ja!
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@P84: Du bist in einem BWL-Forum besser aufgehoben. Da kannst du dann abg'schafteln, wie man in Bayern sagt.
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Optimizer schrieb:
@P84: Du bist in einem BWL-Forum besser aufgehoben. Da kannst du dann abg'schafteln, wie man in Bayern sagt.
Das hat überhaupt nichts mit BWL zu tunen. Du kannst Dich gerne von meinen alten Posts überzeugen, dass ich kein klassischer "BWLer" bin. Deswegen ist "abrollen" in einer anderen Domaine bei mir nicht drin ...
Euch fehlt es klar an einer strategischen Sichtweise, die notwendig ist wenn man als eine Hand voll Entwickler zu hütten hat. Wir haben aber auch eine Menge Leute hier bei dem das nicht so ist.
Nicht jeder der den Entwicklern sagt wo es lang geht (was wohl keiner gerne mag) ist BWLer.
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Hier im Forum scheint es nicht viele von deiner Sorte zu geben. Oder die zeigen das nicht...
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P84@work schrieb:
Optimizer schrieb:
@P84: Du bist in einem BWL-Forum besser aufgehoben. Da kannst du dann abg'schafteln, wie man in Bayern sagt.
Das hat überhaupt nichts mit BWL zu tunen. Du kannst Dich gerne von meinen alten Posts überzeugen, dass ich kein klassischer "BWLer" bin. Deswegen ist "abrollen" in einer anderen Domaine bei mir nicht drin ...
Euch fehlt es klar an einer strategischen Sichtweise, die notwendig ist wenn man als eine Hand voll Entwickler zu hütten hat. Wir haben aber auch eine Menge Leute hier bei dem das nicht so ist.
Nicht jeder der den Entwicklern sagt wo es lang geht (was wohl keiner gerne mag) ist BWLer.trotzdem kann man sich das schnösel gelaber sparen
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BWLer schrieb:
Hier im Forum scheint es nicht viele von deiner Sorte zu geben. Oder die zeigen das nicht...
Liegt an der zumindest latenten Ablehnung von BWLern bei vielen Infos.
Und auch wenn sich der Post auf Seite 1 für BS-Bingo wegen den vielen Top-Notch-Wörtern qualifiziert gibt es, sagen wir, Schnittstellen (Nein, nicht Programmtechnisch ) die vielleicht nicht unbedingt von einem reinen Informatiker bedient werden sollten.
Ob es den Infos gefällt oder nicht.. BWL gehört zum realen Leben dazu.
Btw. das soll nicht implizieren, dass alle Infos zu weit vom realen Leben entfernt sind bzw. Ihnen der Gesamtüberblick fehlt, aber eine Menge der Infos die ich in den letzten Jahren kennenlernen durfte sind durch systematischen Sparwahn was Fortbildungen anging sehr abgeschottet worden.
Diese Kollegen kann man wirklich nichtmehr ohne Filter an den Kunden ranlassen.
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MikeSPK schrieb:
Btw. das soll nicht implizieren, dass alle Infos zu weit vom realen Leben entfernt sind bzw. Ihnen der Gesamtüberblick fehlt, aber eine Menge der Infos die ich in den letzten Jahren kennenlernen durfte sind durch systematischen Sparwahn was Fortbildungen anging sehr abgeschottet worden.
Diese Kollegen kann man wirklich nichtmehr ohne Filter an den Kunden ranlassen.Ist doch heute auch nicht mehr nötig.
Unsere Code-Sklaven sitzen in Indien, Romänien, Bulgarien oder China. Für jeden FI bekomme ich im Ausland ein Sixpack Dipl.-Inf.'s, aber dreimal so gut ausgebildet.Die BWL1 sitzen am Vertriebsstandort - Schlips, Anzug, Ever-smile.
Die HW irgendwo anders - CAD, Schaltplan, Layoutplan, Testlabor...
Die Wissenschaftler, Mathematiker und Ingenieure entwerfen Ihre Modelle.
Dann gibt es die FO'S (BWL2) für die Kohle.
Das D-, P- oder C- Management (BWL3) gibt seine Modelle vor.Wovon ich rede ist alle diese Nase - Vorgaben und Arbeitsergebnisse - aneinander zu bekommen ...
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P84@work schrieb:
Unsere Code-Sklaven sitzen in Indien, Romänien, Bulgarien oder China.
- Es gibt keine Code-Sklaven wenn das System stimmt!
- Es heißt Rumänien
:p
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Mr. N schrieb:
P84@work schrieb:
Unsere Code-Sklaven sitzen in Indien, Romänien, Bulgarien oder China.
- Es gibt keine Code-Sklaven wenn das System stimmt!
....
:p
Stimmt, das gibt dann eine gewaltige Arbeitslosenwelle in Indien.
Und der Traffic in diesen Forum nimmt dann auch rapide ab.Aber ich arbeite leider noch an den System. :p
- Es gibt keine Code-Sklaven wenn das System stimmt!
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Sixpack Dipl.-Inf.'s, aber dreimal so gut ausgebildet.
glaubt dir hier niemand
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ungläubiger schrieb:
Sixpack Dipl.-Inf.'s, aber dreimal so gut ausgebildet.
glaubt dir hier niemand
Ich schon.
Vor allem ist der Unterschied, daß die Leute wirklich noch was bewegen wollen, die versprühen eine sehr starke Motivation, mehr machen zu wollen. Das ist kein Thema, wenn am Freitag um 14:00 noch ein Problem aufpoppt, daß der Mann das noch VOR dem Wochenende zu lösen versucht... und nicht einfach sagt "wir seh'n uns Montag". Das kommt noch zur Ausbildung dazu.
Diese Einstellung macht einige Defizite bezüglich der Phantasie und eigenständigen Arbeitsweise wett.