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Elektronix schrieb:
Daniel E. schrieb:
Zweitens scheint mir die implizite Behauptung, es gäbe keine wettbewerbsfähige Kultur komplett an den Haaren herbeigezogen zu sein. Wer hat denn Goethe für seine Werke bezahlt? Und: hast Du dir mal angesehen, wie viele der weltbekannten Kunstmuseen in privater Hand sind? Ich weiß es nicht, aber gerade in den USA sind das einige
Korrektur: Goethe lebte nicht nur von seinen Werken, sondern hauptsächlich von seinem Gehalt als Geheimrat. Obendrein verfaßte er auch einige anerkannte wissenschaftliche Schriften (soviel zum Thema Bildung). Schiller mußte jahrelang um künstlerische Anerkennung kämpfen und zeitweise hungern.
Und die Museen- Ja, einige davon laufen gut- soweit sie Bilder ausstellen, die sie weltbekannt machen(!), die man als Statussymbol für ein paar Mio. Euro ersteigern und dann an die Museen verleihen kann. Aber was ist (bzw. war) mit den Künstlern, die darin zu sehen sind?
Nur die wenigsten Dichter/ Maler/ Musiker/ Bildhauer konnten wirklich von ihrer künstlerischen Tätigkeit leben. Die meisten hatten einen Zusatzjob als Lehrer o. ä., oder einen reichen, freundlichen Gönner, oder waren von der Willkür eines geizigen Arbeitgebers abängig, wie Mozart am Salzburger Hof oder Michelangelo in Rom.
Übrigens: Solche Infos werden hin und wieder in ÖR-Sendungen gebracht.
Das ist ja auch alles alt und bekannt, ich weiß nicht, warum Du meinst, "Korrektur" davorschreiben zu müssen, so als hättest Du irgendwo widersprochen.
Der Punkt war doch eben: staatliche Finanzierung von Kunst&Kultur ist nicht notwendig, denn es gibt genug Kunst&Kultur wenn man es nicht unterstützt hat. Vieles von dem, was wir heute als Hochkultur aufstilisieren, recht banale Auftrags- oder sogar "Hobby"-Arbeiten waren, wie Du schon sagst.
*Jetzt* kannst Du dich hinstellen und moralisch nachfragen: war das "gut" oder "schlecht" oder besser oder schlechter als heute?
ObMuseum: Die wenigsten privaten Museen sind selbsttragend. Du unterstellst hier immer, die Welt würde in zwei Teile zerfallen: den guten, öffentlichen, nichtprofitablen Bereich und den bösen, privaten und geldgierigen Bereich. Offenbar übersiehst Du aber einen wesentlichen Bereich, nämlich den kompletten philantropischen.
Das sollte dir schon mal zu denken geben, ob das immer so eine gute Idee ist, denn die meisten Teile der Wirtschaft funktionieren anders und, wenn ich das so sagen darf, sie funktionieren besser. Wo sind denn die Pizzakrisen, wo nur schlechte Pizza produziert wird?
Ach, die Gammelfleischskandale haben wir schon vergessen . Wie schnell das gehen kann...
Außerdem giftige Chemikalien in Kinderspielzeug oder Babycremes, krebserregende Stoffe in Kosmetika...Alles nur, um wettbewerbsfähig zu bleiben...
Sicher gibt es Verbrecher. Aber hey, warum geht denn etwas wie ein "Gammelfleischskandal" durch die Presse? Weil es die absolute Ausnahme ist. Es passiert quasi nie. Gut, es gibt ein paar Scharlatante, die systematisch betrügen. Aber die werden nie richtig reich; meistens verdienen sie ein bißchen, bis die Leute sehen, daß es Verarsche ist und dann müssen sie sich ein neues Feld suchen.
Die Sache ist ja nicht, daß es Menschen gibt, die betrügen. Heck, die gibts immer. Die Frage ist eher, ob Du ein System haben willst, bei dem sie Geld verlieren, wenn's auffliegt oder ob Du ein System haben willst, bei dem sie es nicht tun. Es geht darum, welche Feedbackregelungen das System so hat und welche günstig sind.
Diese Art von Wirtschaft funktioniert auch nur, solange sie einigermaßen kontrolliert wird- und Verbraucherschützer finden unsere Kontrollen sogar viel zu wenig (ich auch).
Überraschung. Aber das italienische Restaurant hier letztens ist jetzt wieder weg. Warum? Essen nicht gut, Bedienung unfreundlich. Die Feedbackregeln scheinen also auch ohne "Verbraucherschutz" ganz gut zu funktionieren.
Anmerkung: Ich habe nichts gegen Verbraucherschutz, insbesondere wenn es darum geht, das asymmetrische Informationsgefälle etwas abzuflachen und die Qualität zu ranken (im Sinne von "Stiftung Warentest" oder Computermagazinen). Oder, wenn man versucht, die rechtliche Position von betrogenen Verbrauchern besserzustellen, falls es mal zu einem Prozess kommt (auch hier sind sonst die Ressourcen etwas asymmetrisch verteilt).
Aber "Kontrollen" bringen meistens nicht besonders viel und tragen auch kaum dazu bei, die Produktqualität zu verbessern, eben weil sie erst ankommen, wenn es zu spät ist.
Was ein unkontrollierter Wettbewerb bewirken kann, sehen wir derzeit an der Bankenkrise- ist aber jetzt sehr weit ab vom Thema.
Nein, sieh dir die Fakten an (ist aus der Mode, ich weiß) und dann denk nochmal drüber nach.
Fällt dir nicht auf, daß das gerade die Bereiche sind, über die wir uns beständig aufregen?
Ja, wirklich?
Die Bildungs- und PISA-Debatte ist komplett an dir vorbeigelaufen? Der schlechte Zustand der deutschen Autobahnen? Anstehen beim Kreisverwaltungsreferat? Unangekündigte S-Bahnausfälle? Ich könnte Tage so weitermachen.