Determinismus und freier Wille



  • Nichts ist klar, alles ist möglich, Entscheidungen fallen nur zufällig 😉



  • Die Welt als Ganzes ist nicht-deterministisch (siehe z.B. nicht-deterministische Quanteneffekte).

    Das Mensch bzw. seine Entscheidungen sind höchstwahrscheinlich deterministisch (Quanteneffekte spielen (fast) keine Rolle), vielleicht aber auch mit einer Priese Zufall versehen. -> Jedenfalls kein "freier Wille".



  • life schrieb:

    Die Welt als Ganzes ist nicht-deterministisch (siehe z.B. nicht-deterministische Quanteneffekte).

    Das Mensch bzw. seine Entscheidungen sind höchstwahrscheinlich deterministisch (Quanteneffekte spielen (fast) keine Rolle), vielleicht aber auch mit einer Priese Zufall versehen. -> Jedenfalls kein "freier Wille".

    Eben nicht. Dass Determinismus den freien Willen unmöglich macht, ist eben nicht klar, wenn man darüber nachdenkt. Darum geht es im Thread.



  • earli schrieb:

    Eben nicht. Dass Determinismus den freien Willen unmöglich macht, ist eben nicht klar, wenn man darüber nachdenkt. Darum geht es im Thread.

    Dann haben wir wohl unterschiedliche intuitive Vorstellungen davon, was ein freier Wille ist. Könntest Du vielleicht, um zukünftige Missverständnisse zu vermeiden, einfach eine formale Definition deiner Vorstellung angeben?



  • life schrieb:

    earli schrieb:

    Eben nicht. Dass Determinismus den freien Willen unmöglich macht, ist eben nicht klar, wenn man darüber nachdenkt. Darum geht es im Thread.

    Dann haben wir wohl unterschiedliche intuitive Vorstellungen davon, was ein freier Wille ist. Könntest Du vielleicht, um zukünftige Missverständnisse zu vermeiden, einfach eine formale Definition deiner Vorstellung angeben?

    Dafür sind das Video und der verlinkte Text da.



  • Jupp, und schon drehen wir uns im Kreis...

    Determinismus steht IMHO mit dem aktuellen Kenntnisstand der Physik im Widerspruch.

    Beim freien Willen fehlt aber wohl noch eine genaue Definition bzw. Auslegung der Definition um das ueberhaupt zu entscheiden.



  • Jochen S. schrieb:

    Könnte man hier nicht ein Philosophie-Unterforum einrichten?

    Quelle: http://www.c-plusplus.net/forum/p2058740#2058740

    ++Support 😃



  • David W schrieb:

    Jochen S. schrieb:

    Könnte man hier nicht ein Philosophie-Unterforum einrichten?

    Quelle: http://www.c-plusplus.net/forum/p2058740#2058740

    ++Support 😃

    Das ist der erste Philosophie-Thread, an den ich mich erinnere. Die anderen waren wenn dann off topic.



  • TGGC schrieb:

    Beim freien Willen fehlt aber wohl noch eine genaue Definition bzw. Auslegung der Definition um das ueberhaupt zu entscheiden.

    Ja, das ist schon klar. Und man kann für jeder der Antwortmöglichkeiten in der Umfrage eine Definition finden. Aber die Frage ist natürlich, eine Definition zu finden, die mit unserer Intuition übereinstimmt. Unserer Intuition nach sind Menschen verantwortlich für ihre Handlungen, deshalb gibt es ja das Strafrecht.
    Was muss freier Wille bedeuten, um diesen Kriterien gerecht zu werden? Ich fang mal an, und ihr könnt antworten, was fehlt.

    Def. Version 1
    Ein Agent hat einen freien Willen, wenn er in einer Situation mit mehreren Handlungsoptionen aussuchen kann, was er tut.

    Ich glaube eigentlich, dass diese Definition schon ausreicht. Das größere Problem ist eher die Frage, was eine Option ist.

    Stellen wir uns vor, ein deterministischer Computer spielt Schach gegen einen Menschen, und verliert. Und stellen wir uns vor, er hätte gewonnen, wenn er an einer bestimmten Stelle im Spiel anders gezogen hätte. Ich würde dann sagen, dass der Computer hätte gewinnen können. Er hatte die Option zu gewinnen, er hat die andere gewählt. Dass er deterministisch ist, ist dafür kein Problem.

    Das ist natürlich ein sehr vereinfachtes Beispiel, aber das ist im Prinzip das kompatibilistische Argument. In der Philosophie ist das recht neu, jahrtausendelang hat man wie auch manche Nutzer hier angenommen, dass Determinismus per Definition keine Freiheit zulässt. Mittlerweile glauben das die meisten Philosophen nicht mehr, wenn man Freiheit auf eine relevante Weise definiert.

    Man kann natürlich auch definieren, dass Freiheit nur dann gegeben ist, wenn wir wollen können, was wir wollen wollen. Aber ist diese Definition überhaupt sinnvoll? Was ist überhaupt die Bedeutung von Wille, wenn er nicht deterministisch zu Handlungen führt? Was hat freies Handeln nach dieser Definition mit Verantwortung zu tun, wenn der Wille nicht von der Person ausgeht, sondern unabhängig und damit beliebig ist? Das wirft eine Menge fragen auf, die man bei der intuitiven Vorstellung von Wille eigentlich nicht findet.



  • earli schrieb:

    David W schrieb:

    Jochen S. schrieb:

    Könnte man hier nicht ein Philosophie-Unterforum einrichten?

    Quelle: http://www.c-plusplus.net/forum/p2058740#2058740

    ++Support 😃

    Das ist der erste Philosophie-Thread, an den ich mich erinnere. Die anderen waren wenn dann off topic.

    Dieser hier wäre dann auch dieser http://www.c-plusplus.net/forum/285729, dieser http://www.c-plusplus.net/forum/285428 sowie dieser http://www.c-plusplus.net/forum/285362 (ich habe nu aber nicht weiter durch geblättert)

    Die offtopic dinger kann man ja auch abtrennen 😃



  • David W schrieb:

    earli schrieb:

    David W schrieb:

    Jochen S. schrieb:

    Könnte man hier nicht ein Philosophie-Unterforum einrichten?

    Quelle: http://www.c-plusplus.net/forum/p2058740#2058740

    ++Support 😃

    Das ist der erste Philosophie-Thread, an den ich mich erinnere. Die anderen waren wenn dann off topic.

    Dieser hier wäre dann auch dieser http://www.c-plusplus.net/forum/285729, dieser http://www.c-plusplus.net/forum/285428 sowie dieser http://www.c-plusplus.net/forum/285362 (ich habe nu aber nicht weiter durch geblättert)

    Die offtopic dinger kann man ja auch abtrennen 😃

    Quelle des Selbstwertgefühls? Was soll das mit Philosophie zu tun haben?

    Bei den anderen beiden hast du aber Recht.



  • earli schrieb:

    Def. Version 1
    Ein Agent hat einen freien Willen, wenn er in einer Situation mit mehreren Handlungsoptionen aussuchen kann, was er tut.

    Da gibt es aber verschiedene Probleme:
    a) Wann gibt es _mehrere_ Optionen? Wenn vorherbestimmt ist, was wir tun, haben wir dann nicht immer nur eine Option?
    b) Was genau bedeutet "aussuchen"? Im allgemeinen Sprachgebrauch benutzt man dies Wort meistens in dem Moment, wo es keine oder geringe Auswirkungen gibt und man einfach irgendeine Wahl treffen kann. Ansonsten spricht man eher von entscheiden.
    c) Was heisst es genau, das man die Handlungsoptionen aussuchen _kann_. Das Argument gg. freien Willen ist ja im Prinzip: Wenn jemand X tut, dann _konnte_ er unter diesen Umstaenden nur X waehlen und nichts Anderes. Wie zeigt man, das auch Y gewaehlt werden konnte? Das liegt ganz an der Bedeutung von koennen.



  • TGGC schrieb:

    earli schrieb:

    Def. Version 1
    Ein Agent hat einen freien Willen, wenn er in einer Situation mit mehreren Handlungsoptionen aussuchen kann, was er tut.

    Da gibt es aber verschiedene Probleme:
    a) Wann gibt es _mehrere_ Optionen? Wenn vorherbestimmt ist, was wir tun, haben wir dann nicht immer nur eine Option?
    b) Was genau bedeutet "aussuchen"? Im allgemeinen Sprachgebrauch benutzt man dies Wort meistens in dem Moment, wo es keine oder geringe Auswirkungen gibt und man einfach irgendeine Wahl treffen kann. Ansonsten spricht man eher von entscheiden.
    c) Was heisst es genau, das man die Handlungsoptionen aussuchen _kann_. Das Argument gg. freien Willen ist ja im Prinzip: Wenn jemand X tut, dann _konnte_ er unter diesen Umstaenden nur X waehlen und nichts Anderes. Wie zeigt man, das auch Y gewaehlt werden konnte? Das liegt ganz an der Bedeutung von koennen.

    a) und b):
    Deshalb hab ich ja danach untersucht, was überhaupt eine Handlungsoption ist. Eine Option ist auch eine Option, wenn man sie nie wählt.

    - Ein Auto kann 300 fahren, auch wenn man nie 300 damit fährt.
    - Ein Spieler kann im Schach einen Zug machen, auch wenn er ihn nie wählt.

    c) Nein, so einfach ist das nicht. Er hätte anders gewählt, wenn er was anderes gewollt hätte. Und er hätte was anderes gewollt, wenn er vorher was anderes gewollt hätte, usw. Diese Kette muss nicht enden!

    Nachtrag: Warum sollte man von Willensfreiheit verlangen, dass jemand tun kann, was er nicht will?

    2. Nachtrag: Wie schon gesagt, man kann sich Freiheit als Beliebigkeit definieren, aber ist das wirklich das, was wir meinen, wenn wir sagen, dass jemand sich frei entschieden hat? Verurteilen wir Straftäter nicht gerade deshalb, weil ihre Handlungen aus ihrem Willen hervorgegangen sind? Was wäre der Sinn oder die Rechtfertigung von Strafen, wenn die Taten frei im Sinne von beliebig wären?



  • earli schrieb:

    Def. Version 1
    Ein Agent hat einen freien Willen, wenn er in einer Situation mit mehreren Handlungsoptionen aussuchen kann, was er tut.

    Solange die Menge der Handlungsoptionen endlich ist, ist es Determinismus. Als Ergebnis bekommt man eine Mengen von Mengen an Handlungsoptionen. Bildlich gesprochen: ein Baum dessen Blaetter alle moeglichen Ausgaenge darstellen. Da der Mensch nicht omnipotent ist, kann er keine neuen Blaetter "erfinden".



  • earli schrieb:

    - Ein Auto kann 300 fahren, auch wenn man nie 300 damit fährt.

    Ja, kann es das? Das muesste man zunaechst einmal tun, damit man es weiss. Vielleicht platzt bei 290 der Reifen? Ausserdem muessen verschiedene Bedingungen erfuellt sein, damit das Auto das wirklich kann:
    - Benzin
    - Anlauf/ freie Strasse
    - Fahrer
    etc.
    Das sind durchaus unterschiedliche Ansichten, was "kann" bedeutet.

    earli schrieb:

    - Ein Spieler kann im Schach einen Zug machen, auch wenn er ihn nie wählt.

    Hier entnimmst du die Bedeutung von "kann" aus den Schachregeln. "Zug machen koennen" == "Zug ist laut Regel erlaubt". Das entspricht aber nicht ganz der Realitaet.
    - ich kann nur Zuege machen, die ich finde, aber manchmal werde ich erlaubte Zuege uebersehen
    - ich kann einen Zug gegen die Regeln machen
    - wenn ich Zug X mache und dies vorherbestimmt war, konnte ich wirklich Zug Y machen?

    earli schrieb:

    c) Nein, so einfach ist das nicht. Er hätte anders gewählt, wenn er was anderes gewollt hätte. Und er hätte was anderes gewollt, wenn er vorher was anderes gewollt hätte, usw. Diese Kette muss nicht enden!

    Aber warum hat er nichts Anderes gewollt? Konnte er etwas anderes Wollen? Und konnte er vorher etwas anderes Wollen? Und diese Kette _muss_ irgendwo enden, da niemand unendlich Zeit hat zu bedenken, was er will. D.h. diese Kette startet irgendwo damit, das man etwas will, dass einem von aussen vorgegeben wird oder das einfach aus dem nichts ein beliebiger Wille auftaucht. Der entscheidente Punkt hierbei ist IMHO, ob man auf den Verlauf der Kette Einfluss hat.



  • earli schrieb:

    Stellen wir uns vor, ein deterministischer Computer spielt Schach gegen einen Menschen, und verliert. Und stellen wir uns vor, er hätte gewonnen, wenn er an einer bestimmten Stelle im Spiel anders gezogen hätte. Ich würde dann sagen, dass der Computer hätte gewinnen können. Er hatte die Option zu gewinnen, er hat die andere gewählt. Dass er deterministisch ist, ist dafür kein Problem.

    Ein Schachcomputer hat also einen freien Willen deiner Definition nach? Erscheint mir zwar nicht intuitiv, aber zumindest ist das konsequent weiter gedacht. 👍


  • Administrator

    icarus2 schrieb:

    Nach aktuellem Forschungsstand müsste man ja davon ausgehen, dass die Welt nicht deterministisch ist.
    Natürlich kann man das anzweifeln.

    Ganz korrekt wäre eher: Der aktuelle Forschungsstand sagt, dass man es nicht weiss. Daraus resultieren dann die beiden Interpretationen, dass die Welt derterministisch ist oder nicht.

    Wir sind grundsätzlich nicht weiter wie früher 🙂
    Und ganz spitz formuliert: Die einen glauben noch an zufällige Magie und die anderen betreiben mathematische Wissenschaften :p

    Edit: Lest mal die Theorien von diesem Mann:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Wolf_Singer

    Grüssli


  • Mod

    life schrieb:

    earli schrieb:

    Stellen wir uns vor, ein deterministischer Computer spielt Schach gegen einen Menschen, und verliert. Und stellen wir uns vor, er hätte gewonnen, wenn er an einer bestimmten Stelle im Spiel anders gezogen hätte. Ich würde dann sagen, dass der Computer hätte gewinnen können. Er hatte die Option zu gewinnen, er hat die andere gewählt. Dass er deterministisch ist, ist dafür kein Problem.

    Ein Schachcomputer hat also einen freien Willen deiner Definition nach? Erscheint mir zwar nicht intuitiv, aber zumindest ist das konsequent weiter gedacht. 👍

    Irgendwie passt das absolut nicht zu meinem Verständnis von freiem Willen. Gegeben die Stimuli durch den Gegenspieler hat der Schachcomputer nur die Möglichkeit auf eben diese eine Art und Weise zu spielen. Die Ansicht, dass dies anders wäre, kann man nur beibehalten, wenn man bewusst das Wissen um das Innenleben des Schachcomputers ignoriert und ihn als einen schwarzen Kasten ansieht, wo man eine Schachstellung eingibt und einen Zug herausbekommt. Dann kann man sich auch vorstellen, dass ein anderer Zug hätte rauskommen können. Aber wir können den Schachcomputer auseinander nehmen und verstehen wie er funktioniert und können nachvollziehen, warum auf eine bestimmte Situation immer ganz genau dieser eine Zug folgt. Ich halte es für falsch, dieses Zusatzwissen zu ignorieren.
    Deshalb habe ich auch die Antwort gegeben, dass es keinen freien Willen gäbe. Auch wenn wir Gehirne nicht wie Schachcomputer verstehen (und vermutlich nie verstehen können), so ist doch irgendwie darin fest verdrahtet, wie es auf eine bestimmte Situation reagiert. Selbst wenn man die nicht-deterministischen Einflüsse der Quantenmechanik beachtet und sagt, dass es zu einer bestimmten Situation mehrere mögliche Antworten gibt von denen dann eine durch irgendwelche Quantenereignisse ausgewählt wird, so ist dies doch bloß das Ergebnis dieser Ereignisse und nicht zurückzuführen auf eine wirkliche Entscheidung.



  • Dan Dennett argumentiert ziemlich gut, ich kann nur allen empfehlen, sich ihn anzusehen. Vor allem längere Videos, Gastvorlesungen und so weiter. Letzten Endes hat er mich tatsächlich überzeugen können, dass Determinismus und ein freier Wille sich nicht ausschließen.

    Ich weiß nicht, ob ich die Argumentation noch gut replizieren kann, aber grundsätzlich nimmt er zwei Ansätze: einen darwinistisch-evolutionären Ansatz, um zu erklären, wie aus Einfachheit Komplexität entstehen kann, ohne dass jemand dies planen müsste (zufällige Mutation - wobei es hier egal ist, ob der Zufall deterministisch ist oder nicht - und nicht-zufällige Selektion); dann bezieht er sich auch auf Turing, um zu zeigen, dass Verstehen (und Reflexion) nicht notwendigerweise so aufgebaut sein muss, dass, je weiter man eine Entscheidung aufteilt, alle ihre Teile (er hat ein *sehr* materialistisches Weltbild, jede biologische Maschine ist nach ihm eine deterministische Maschine) bzw. die Teile in der biologischen Maschinerie, die letzten Endes als Gesamtheit eine Entscheidung treffen, selbst kein Verständnis von dem haben müssen, was die Gesamtheit macht.

    Das eindringlichste Beispiel, dass er gegeben hat war das "Game of Life" (ich glaube, hier sind alle damit vertraut):
    Das Game of Life basiert auf sehr einfachen Regeln, die abschließend bestimmen, wie ein in einer bestimmten Weise konfiguriertes System dieses im nächsten Schritt aussieht (ich glaube, es sind sogar nur drei Regeln).
    Es ist komplett deterministisch, das heißt: Kennt man zu einem x-beliebigen Zeitpunkt den kompletten Zustand des Systems, kann man beliebig weit in die Vergangenheit und in die Zukunft gehen und hat immer ein eindeutiges Ergebniss vor sich. Es gibt zu jedem Zustand genau einen Vorgänger-Zustand und einen Nachfolger-Zustand.
    Ich denke, das ist eine gute Definition von "Determinismus".
    Dann geht er weiter und beschreibt, wie (anscheinend) jemand in den 80er Jahren (AFAIR) nachgewiesen hat, dass sich in einem Game-of-Life (mit einer sehr großen Welt) eine Turing-Maschine bauen lässt. Wir alle wissen, was das heißt.
    In diesen komplett deterministischen Spiel lässt sich (theoretisch) alles tun, was Computer heutzutage tun: von physikalischen Simulationen bis hin zu künstlicher Intelligenz. Und dann sind wir schon am Knackpunkt angelangt: Wieviel von menschlicher Intelligenz wird sich jemals "simulieren" lassen? Wann besteht künstliche Intelligenz den Turing-Test? Wenn man zumindest für möglich hält, dass dies passieren kann (der Schritt ist ja nicht zu schwer; letzten Endes könnte man ja einfach theoretisch sagen, dass sich alle Moleküle eines Hirns physikalisch simulieren lassen könnten, hätte man genug Rechenkraft), dann müsste man sagen, dass Menschen genausogut deterministisch sein könnten. Natürlich weiß man durch dieses Argument nicht, wie die Welt wirklich ist, aber zumindest dürfte man dann die Möglichkeit nicht mehr ausschließen, dass wir deterministisch (nach obiger Definition) sind.

    Dan Dennett erklärt dann auch noch ausführlich, warum das eigentlich gar nicht schlimm ist, und warum Determinismus Willensfreiheit überhaupt erst ermöglicht (ist wirklich spaßig, ihm zuzuhören).

    Das Problem, das viele Leute haben, ist wahrscheinlich, dass sie Determinismus zu grob fassen. Dan Dennetts Beispiel dafür geht ca. wie folgt:
    Ein Golfspieler schlägt den Ball und dieser rollt nur knapp am Loch vorbei. Der Golfspieler sagt: "Könnte ich das noch einmal tun, dann würde ich den Ball versenken." Was meint er damit? Meint er damit: Wenn er zu genau derselben Uhrzeit an genau demselben Tag in genau derselben Position, mit genau demselben Schläger, in genau demselben Gedankenzustand, mit genau denselben Windstärken, genau denselben Abschlag machen würde, dass er dann treffen würde?
    (Erstmal ist "genau dieselbe" Uhrzeit/Ort, etc. gar nicht möglich, dieselben Windstärken, Gedanken, etc. sind wohl sehr unwahrscheinlich). Intuitiv würde man doch hier sagen, dass er "in genau derselben Situation" genau denselben Fehler machen würde. Würde er in genau derselben Situation nicht denselben Fehler machen, nur dann wäre die Welt nicht deterministisch - und man wüsste niemals mit ausreichender Sicherheit, was die Folgen einer Handlung wären.
    Wenn er aber meint, er würde denn Ball versenken, wenn er es nochmal versuchen würde, dann wäre das nicht mehr dieselbe Situation, er würde sich stärker konzentrieren, mehr auf den Wind achten, der hätte vielleicht gedreht, etc.
    Also was meint der Golfspieler, wenn er sagt: "Könnte ich das noch einmal tun, dann würde ich den Ball einlochen"? Er meint damit, dass, falls die Randbedingungen in der Situation auch nur ein kleines bisschen anders gewesen wären, dass er dann den Ball locker eingelocht hätte. Vielleicht sogar nur ein so kleines bisschen anders, dass man die Differenz gar nicht bemerken würde, vielleicht nur ein anderer Gedanke, etwas mehr Konzentration.
    Er hätte die Chance gehabt, den Ball zu versenken, und in einer anderen Situation hätte er es auch geschafft.
    Das wäre, finde ich, auch eine angemessene Form von Freiheit.
    Würde der Ball nämlich in genau derselben Situation etwas anderes tun, so könnte sich der Golfspieler nie sicher sein, dass er den Ball einlochen könnte, wenn er dazu nochmal die Chance hätte. Und das ist eine kleine Ebene.

    Seine Ausführungen hören sich großteils wirklich überzeugend an.


  • Administrator

    davie schrieb:

    Das wäre, finde ich, auch eine angemessene Form von Freiheit.

    Das ist aber immer noch keine Freiheit, sondern nur eine "Das-System-Ist-So-Komplex-Dass-Wir-Es-Nicht-Erfassen-Können-Heit" 🙂
    Schlussendlich sind wir dann immer noch den physikalischen Gesetzen unterworfen und arbeiten wie Roboter. Nehmen Input, machen Putput und geben Output 😉

    Grüssli


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